Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

472 Bie etlemansische Vferte. (Jan. 11—15.) 
die gesammten Netto-Einnahmen aus der Administration der in- 
directen Steuern zu übernehmen. Die Bank folle einen Delegirten 
bestimmen, welcher die Einnahmen und Ausgaben bei der Douane 
von Konstantinopel fesistelle. 
11. Januar. (Serbien.) Skupschtina: nimmt gelegentlich 
der Budgetdebatte sowohl gegen das frühere Ministerium Marinovic 
als gegen das jetzige Kaljevic eine sehr feindselige Stellung ein. 
Jener soll wegen Budgetüberschreitung in Anklagezustand versetzt 
werden, diesem aber wird das Budget arg beschnitten. 
11. Januar. Es werden Truppen nach Kreta geschickt. Trotz 
der Geldverlegenheit rüstet überhaupt die Pforte, soweit sie es nur 
im Stande ist. 
15. Jannar. Erlaß der Pforte, welcher gemäß der im Reform- 
ferman des Sultans vom 14. December gegebenen Versprechen die 
Umwandlung der Medjissi Temyiz in Appellhöfe (Divani Temyiz) 
für die Vilayets (Provinzen oder General-Statthalterschaften) an- 
ordnet. Derselbe kann als ein Beweis angesehen werden, daß die 
Pforte dem diplomatischen Druck auch weiterhin zuvorzukommen 
sucht und in ihrer selbständigen Einleitung von Reformen vorwärts 
schreiten will. 
Der Erlaß führt den Tilel „Anweifungen für die Vorsibene der 
Appellationsgerichte der Vilayets“ und hat solgenden Wortlaut l 
In Gemäßheit der Bestimmungen des kürzlich veröffentlichten bolierlichen 
Fermans werden die Naibs (Richter) in den Hauptstädten der Vilayels. 
welche bisher die Stellung von Vorsitzenden der Medjissi Temyiz bekleidet 
haben, hiermit ¾- Vorsitzenden der Appellhöfe (Divani Temnyiz) der Bilayets 
ernannt. Art. Tugleich mit der Prüfung der Urtheile der Tribunale 
der Chérii, der Zan schaks (Bezirke) und der Kazas (Kreise), worüber den 
Sheri Bericht zu erstatten ist, sollen die Naibs der Hauptstädte auch ferner, 
mit Ermächtigung seiner Hoheit des Scheich ül Islam, die richterlichen Be- 
sugnisse ausüben, welche ihnen bereils früher von den Cheêr'i übertragen 
worden sind. Art. 3. Die Appellhöfe sollen von den civil= und strafrecht- 
lichen Gerichtsverhandlungen Kenntniß nehmen, welche dem Gesetze zufolge 
Stalt finden. aͤh Befugnisse sind durch das Erief, bestimmt. Da die er- 
wähnten Gerichtshöfe auch von dem Volke gewählie Mitglieder in ihren 
Reihen zählen, so sollen i#. Naibs während ihres Vorfitzes in diesen Höfen 
ausschließlich dem Gesetz und den Bestimmungen des Nizam gemäß handeln, 
mbeschabet der Beugasse der Chéri, welche sie gesondert auszuüben haben. 
Es wird den Appellhöfen obliegen, dem Gesetze gem äß und in Ver- 
Ft 4½ den ke anschließenden Bestimmungen die civil= und strafrecht- 
lichen Verhandlungen zu prüfen, welche nach Erledigung durch die Nizamyé-= 
Gerichtshöfe der Sandschaks und Kazas ihnen zugewiesen werden, sofern die 
betheiligten Parteien ein zweitinstanzliches Urtheil, dem Nizam gemäß, ver- 
ang ie Verhandlungen und Berathungen sollen nach dem Ermessen 
der Me ahl oder der aersemthei der zur Dienstleistung in diesen Höfen 
gewählten Mitglieder geführt werden. Art. 5. Es ist von der größten Be-
	        
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