Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 7—10.) 93
gesinnt zu sein. Eine officiöse Kundgebung der „Weimar. Ztg.“ be-
züglich des Reichseisenbahnprojects hebt hervor:
daß die wirthschaftlichen Vortheile der Concentrirung der Bahnen
durchaus nicht so vollständig bewiesen seien, als gemeinhin angenommen
werde, daß namentlich auch fraglich erscheinen müsse, ob wirklich die staat-
liche Verwaltung viel billiger sei und erklärt schließlich, daß sie sich bislang
nicht für den Staatsbahngedanken habe erwärmen können, in dem sich nur
zwei weitgreifende Ideen erkennen ließen, eine militärische und eine poli-
tische; letztere aber falle um so mehr ins Gewicht, als wirthschaftliche Vor-
theile zur Zeit von dem Reichseisenbahnenprojekte nicht zu erwarten seien.
7. März. (Preußen.) Der Bischof von Münster, dessen
Absetzungsproceß z. Z. vor dem kgl. Gerichtshofe für kirchliche An-
gelegenheiten schwebt, löst vorforglich sein Generalvicariat aus-
7. März. (Bayern.) II. Kammer: trotz der Erklärung der
Regierung vom 3. März bringt der Führer der ultramontanen
Kammerhälfte, Jörg, doch einen Initiativantrag auf Erlaß eines
neuen Landtagswahlgesetzes ein.
Da es von vorneherein fast fest steht, daß die beiden Parteien sich
über die Wahlkreiseintheilung niemal verstehen werden, so trennt der An-
trag das eigentliche Wahlgesetz und die Nhslteiseiatheilang und will nur
jenes als Verfassungsgesetz behandelt wissen, die letztere da- gegen als ein-
faches Gesetz, für dessen Annahme nicht Zweidrittel-, sondern bloß einfache
Stimmenmehrheit erforderlich wär
8. März. (Preußen.) Der kgl. Gerichtshof für kirchliche
Angelegenheiten spricht die Absetzung des Bischofs von Münster aus.
8. März. (Sachsen.) I. Kammer: tritt dem Beschlusse der
II. Kammer in der Reichseisenbahnfrage ohne Debatte einstimmig bei.
9. März. (Deutsches Reich.) Der Kaiser beantwortet ein
Gnadengesuch des gew. Botschafters in Paris, Grafen Harry Arnim,
abschlägig.
9. März. (Preußen.) Die Regierung schließt das Priester-
seminar des Bischofs von Limburg, da ihr die vom Gesetz geforderte
staatliche Revision wiederholt verweigert worden ist. Der Bischof
wird außerdem neuerdings wieder wegen gesetzwidriger Nichtbesetzung
von Pfarreien mit Strafe belegt, so daß er im Ganzen bereits
22,500 Mark Strafen zu zahlen hätte.
9. März. (Mecklenburg.) Der dießjährige Landtag wird
von den beiden Regierungen geschlossen, ohne daß die Verfassungs-
frage auf demselben irgend zur Sprache gekommen wäre.
10. März. (Preußen.) Abg.-Haus: die Regierung legt dem-
selben den Entwurf einer neuen Städteordnung vor. — Der Finanz-
minister läßt dem Hause eine Nachweisung der in Folge des Gesetzes