Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

180 Des derische Rrich und seine einjelnen Slieder. (Nov. 23.) 
23. November. (Deutsches Reich.) Der General-Postmeister 
Stephan macht die neu ersundene Telephonie bereils praktisch nutz- 
bar durch Erlaß einer „Dienstanweisung für den Betrieb von Tele- 
graphenlinien mit Fernsprechern“. 
Nach diesem rulturehistorisch merkwürdigen Document sind die mit 
Fernsprechern ausgerüsteten Betriebsstellen bezüglich der befördernden tele- 
graphischen Correspondenz dem Publikum gegenüber als selbständige Tele- 
graphen-Betriebsstellen anzusehen. In Bezug auf den übrigen Geschäfts- 
verkehr bilden dieselben Zweigstellen derjenigen Telegraphen= Betriebsstelle, 
welche die bei dem Fernsprech-Amt aufgegebenen Telegramme mittelst Fern- 
sprechers übernimmt und die auf telegraphischem Weg oder in anderer Weise 
ihr zugehenden, für das Fernsprech-Amt bestimmten Telegramme diesem Amte 
durch den Fernsprecher übermittelt. Die betreffende Telegraphen-Betriebsstelle 
dient demnach als Vermittelungsamt. 
23. November. (Preußen.) Abg.-Haus: Berathung einer 
Interpellation v. Stablewki's betr. die Verhältnisse der Parochie- 
Kosten, wo die Einführung eines „Staatspfarrers“ erfolgt ist. 
Minisler Friedenthal erklärt: der Geistliche Brenk sei slreng nach 
den Vorschriften des Gesetzes in sein Amt eingeführt; ebenso seien die Aus- 
weisungen der Nebengeistlichen durchaus in gesetzlicher Weise erfolgt. Die 
Anordnung der Seelsorge in dem Provinzial-Correctionshause sei Sache der 
Provinzialstände; diese hätten den Pfarrer Brenk angestellt. Gewissenszwang 
sei nirgends geübt worden; wäre dies geschehen, so würde die Staatsregierung 
re Mißbilligung darüber aussprechen. Der Minister erörterte darauf die 
Beschwerden über angebliche Beschränkungen der Gemeindekosten bezüglich 
der Benutung des Kirchhofes. Die Behörden hätten lediglich die Umgehung 
und Uebertretung des Gesetzes bestrast. Die Regierung könne wohl die be- 
rührten Vorgänge beklagen, aber nicht zugeben, daß die Gesetze irgendwie 
verletzt worden geien oder Gewissenszwang stattgefunden habe. Alle derartigen 
Anklagen und Vorwürfe weise die Regierung zurück. — Das Haus beschließt, 
in eine Besprechung der Interpellation einzutreten. v. Meyer (Arnswalde) 
erklärt „im Namen zahlreicher protestantischer Männer“, daß dieselben den 
Culturkampf verabscheuten; er hoffe auf ein versöhnliches Entgegenkommen 
behufs Beendigung des Kampfes. Gneist wahrt den Standpunkt der linken 
Seite des Hauses gegenüber demjenigen des Abg. v. Meyer und nimmt die 
Behörden gegen den Vorwurf rigoroser Handhabung des Gesetzes in Schutz. 
E-uuntersucht im Weiteren die Mittel und Wege zur PFestelung bes kirch- 
lichen Friedens und legt die Nothwendigkeit der Nachgiebigkeit der Centrums- 
partei dar. 
23. November. (Bayern.) II. Kammer: Berathung des Bud- 
gets: der Etat der Forstverwaltung wird mit 77 gegen 76 Stimmen 
bewilligt, indem 2 Ultramontane mit den Liberalen stimmen. Da- 
gegegen wird das Postulat der Regierung für Verlegung der bis- 
herigen Forstlehranstalt Achaffenburg und Verbindung derselben mit 
der Universität München mit 78 (ultramontanen) gegen 75 (liberale) 
Stimmen abgelehnt, indem die Ultramontanen die Anstalt durchaus 
in Aschaffenburg belassen wollen, obgleich die Regierung nachgewiesen 
hat, daß es unzweckmäßig sei und zudem bedeutend höhere Kosten 
  
 
	        
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