Da# deulsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Juni 27.) 103
ungen wegen Krankheit nicht beigewohnt hat, erscheint wieder und
hält folgende Anrede an den Congreß:
„Hr. Präsident, Ew. Excellenzen! Da ich einige Tage nicht an Ihren
Verathungen theilnehmen konnte, möchte ich nicht in Ihre Mite V-
ohne Ihnen nachstehende Vemerkungen mitzutheilen, die mir durch die Liebe
zur Wahrheit und zu meinem Balerland eingegeben werden. „Mährend der
letzten Berathung haben meine Collegen (hier verbeugte sich der Fürst gegen
den Grafen Schuwaloff und den Baron Oubril) Ihnen im Ramels Rußlands
Zugeständnisse gemacht, welche weit diejenigen überschreiten, die es zu machen
gedachte. (Allgemeine Spannung.) Aber ich bin zu gut von den Gefühlen
unterrichtet, welche meine Collegen beeinflussen, um elwas gegen die Zuge-
ständnisse zu sagen, zu deuen sie sich verpflichtet fühlten. Ich möchte ledig-
lich vor Ihnen erklären, daß Rußland, wie wohl bekannt ist, diese Opfer
wegen seiner Liebe zum Frieden gebracht hat, und daß es Wahrheit war,
als Rußland sowohl vor als nach dem Krieg erklärte: daß es nur um den
Christen des Orients zu helfen, sich erhoben hat, daß es kaen selbstsüchti-
gen heimlichen Zweck verfolgte, und daß, nachdem es so große Opfer, in
einem Kriege, der lediglich für das Christenthum und die Gsfatian unter-
nommen wurde, gebracht hat, es sich auch im Slande zeigt, Opfer für die
Wiederherstellung des Friedens zu bringen, auf die ja Ihre Anstrengungen
gerichtet sind. Ich glaube, Niemand wird den Ruhm der russischen Armee,
welche die gläugendsten Siege errungen hat, in Frage stellen; aber Nußland
wünscht, daß es offenkundig sei, daß es die Lorbeeren des Sieges, die mit
dem konbarsten Ulut errungen ü#nd, gegen die Palme des Friedens vertau-
scheu möchte.“ Diesen Worten folgt lieses Schweigen. Nach einigen Angen-
blicken erhebt sich Lord Beacousfield und bittet um das Wort. Seine
mit der ihm eigenen aus Sdruckspollen Weise gehaltene Nede, über welche dem
Correspondenten der „Times“ sehr viel Rühmendes gesagt wurde, deren ge-
nauen Wortlant derselbe aber nicht feststellen kaun, beginnt etwa folgender=
maßen: „Ich bin überzengt, der Dolmetscher Ihrer Gefühle zu sein, wenn
ich der liefen Bewunderung Ausdruck gebe, welche ich für die Worte meines
edlen und erlauchten Freundes und die Weise hege, in denen er den wahren
Gesinnungen seines Landes Ausdruck verliehen hat. Ich bin glücklich in dem
Gedanlen, daß es der Wunsch nach Frieden war, der die Entschließungen
Rußlands in den letzten Berathungen geleitet hai. Ich beeile mich daher,
das im Namen diejes Congreises, der mir zuhörk, anzmerkennen, und ich
hosse Zuversichtlich, daß ich ein gleiches Gefühl in allen diesen Berathungen
antreffen werde“ Lord Beaconsfield spricht noch einige Minnten länger und
nimmt dann seinen Platz wieder ein, worauf der Congreß seine eigentlichen
Arbeiten fortsetzt. Es ist klar, die Nachgiebigkeit Rußlands bezüglich der
Ausdehnung Bulgariens ist vom Kaiser und Schuwaloff gegen das Wider-
streben Gortschakoff's und der panflavischen Partei durchgesetzt worden.
27. Juni. (Deutsches Reich.) Unter dem Titel „Die Ab-
sichten und Wünsche der Regierung Angesichts der Wahlen“ ver-
öffentlicht die „Prov.-Corr.“ einen Artikel, den man als das Wahl-
programm des Reichskanzlers betrachten darf, und der im Wesent-
lichen wie folgt lautet:
„In den Motiven des Auflösungsantrags ist die nächste gemeinsame
Aufgabe klar bezeichnet: die Regierungen erwarten von dem neuen Reichs-
tage zunächst die jüngst verweigerten gesetzlichen Vollmachten, um die Ge-
sahren, welche für Staat und Gesellschaft von dem Treiben der Sozial=