D#s deulsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Oct. 25—30.) 173
leben, Hahn und Delius in Berlin, der Nath des obersten Gerichts Dr. Schneider
in München und der Oberappellationsgerichtsralh Dr. Lehmann in Lübeck
Zum Vorsitzenden der Commission ernennt der Kaiser aus freier Wahl den
preußischen Minister des Innern, Grafen Eulenburg, und zum stellvertretenden
Vorsipenden aus den vom Bundesrath gewählten Mitgliedern! der Commission
den oben genannien Unterslaatsfecretär des Ressorts des Innern, Bitter.
Daß beide Vorsihende Beamte sind, die an der Spitze der Verwallung des
Innern in dem größten deutschen Bundesstaat slehen, läßt erwarten, daß die
Commission ihr Augenmer! einerseits wesentlich auf die einheitliche, oleich--
mäßige Handhabung des Gesetzes im ganzen Reiche richten werde, andererseits
aber auch auf eine Han ndhabung, wie sie Graf Enlenburg, der das Gesetz
neben dem Reichskanzler im Neichstage in erster Linie vertrat, den Ver-
tretern der Nation ankündigte.
25. October. (Deutsches Reich.) Der Reichskangler beanl-
wortet eine Aufrage des (entschieden schutzzöllnerischen) Frhru. v.
Varnbüler (Württemberg) Namens des sog. freien wirthschaftlichen
Vereins des Neichstags, „ob es in seiner Absicht liege, dem Reichs-
tage bei seiner nächsten Session den Entwurf eines revidirten ZJoll-
tarifs vorzulegen, und ob die Neichsregierung, bevor dieß geschehen,
einen neuen Handelsvertrag mit Conventionaltarif nicht abschließen
werde“, dahin:
.Die Fragen Ew. Excellenz würde ich amtlich nur dann beantworten
lönnen, wenn- die verbündeten Negierungen über unsere zukünftige Jollpolitik
bereits Beichlüsse gefaßt hätten. In Ermangelung solcher vermag ich Ew. Excell.
nur meine persönlichen Ansichten mitzutheilen. Soweit es mir gelingen wird,
lettere zur Geltung zu bringen, liegt es allerdings in meiner Absicht, eine
umfassende Revision unseres Zolltarifs herbeizuführen und die dayn
erforderlichen Anträge zunächst der Prüsung der verbündeten Regierungen
zu unterbreiten. Die Vorarbeiten hiefür sind bereits in Angriff genommen.
Den Abschluß neuer Handelsverträge mit Conventionaltarifen vermag ich so
lange nicht zu befürworten, als die Frage der Revision unseres Tarifs nicht
ihre Erledigung gefunden hat.“
30. October. (Deutsches Neich.) Versammlung des Sien
deutschen Handelstages in Verlin. Derselbe ist tief gespallen in
Schutzzöllner und Freihändler, zu welchen letzteren in erster Linie
alle Vertreter der Seestädte gehören und die für den Fall eines
Sieges der Schutzzöllner offen mit ihrem Austritte drohen. Die
Freihändler unterliegen: die Mehrheit entscheidet sich für die Er-
richtung eines sog. volkswirthschaftlichen Senates nach Art des
frangösischen Conseil superieur und genehmigt im ferneren eine Re-
solution betr. die Reform der kaufmännischen Zahlungsweise, ins-
besondere die Einführung von kürzeren Zahlungsfristen im En-gros-
Geschäft und die möglichste Baarzahlung im Kleinverkauf, und
spricht sich schließlich entschieden gegen das Tabakmonopol aus.
Die Beschlüsse des Handelstages haben nicht allein eine wirthschaft-
liche, sondern auch eine politische Bedentung. Die Errichtung eines volts-