Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Großbritlannien. (Juli 16—18.) 323 
sein: Haltung und Erfolge auf dem Congreß. In allweg wendet er dabei 
Lord Salisbury seinen Theil an diejen Ehrenbezeugungen #. Blumen 
werden ihm zugeworfen, Hunderte und Hunderte, Herren und Damen schüt- 
teln ihm die Hand. Die Rönigin hatte lihm ein herrliches Bouquet geschickt. 
Die Straßen waren geschmückt. In seiner Amtswohnung spricht er vom 
Fenster aus bewegte Worte des Dankes für seinen Empfang und fährt dann 
fort: „Lord Salisbury und ich haben Ihnen den Frieden zurückgebracht (cheers,, 
aber, wie ich hoffe, einen Frieden mit Cbren (Beifall), welcher unsere Königin 
befriedigen und die Wohlfahrt des Landes fördern wird. (Beifall.) Ich 
kann seht nicht mehr sagen, als meinen Dank und meinen Stolz auf Vie 
hie aussprechen, welche Sie in diesem schweren Angenblick bewiesen 
haben."“ (Beifall.) Auch Lord Salisbury muß sich zweimal am Feuster 
Jzeigen. Er sagt: „Ich daute Ihnen von Herzen, und ich erfehe ans dieser 
großen Versammlung, daß Sie stets eine Regierung unterstügen werden, 
welche die Ehre Englands hochhält.“ (Veifall.) Die Massen stimmen das 
„Rule Brittammia an. Hierauf nimmt der Lord nochmals das Wort: 
„Sie können sich darauf verlassen“, sagl er, „daß die Negierung niemals die 
Ermuthigung vergessen wird, welche Sie ihr baheit haben, in einer Politik 
zu verharren, welche England zukommt. (Beifall.) Die Königin wollte 
gestern von Windsor nach der Insel Wight abreisen, sie blieb aber, um 
heute den Grafen Beaconsfield zu empfangen. Bemerkenswerth ist, daß das 
Volk denselben wiederholt als „Herzog von Cypern“ (dulcc of Cyprus) vor 
seiner Wohnung begrüßt. 
16. Juli. Unterhaus: nimmt auch seinerfeits die Bill betr. 
Hebung des mittleren Unterrichts in Irland einstimmig an. 
18. Juli. Oberhaus: Debatte über die Resultate des Ber- 
liner Congresses. Der Premier Beaconsfield setzt dieselben in einer 
großen Rede auseinander. 
Granville (Führer der Opposition) tadelt aufs schärsste die von der 
Regierung befolgte Politik, gibt jedoch zu, daß der Europa betreffende Theil 
der Lösung der Frage unter den gegebenen Verhällnissen als ein günstiger 
betrachtet werden könne. Dagegen tadelt er entschieden das von England 
für die Pforte gegen Rußland übernommene Protektionsverhältniß über Klein- 
asien, Syrien und Mesopotamien, da es für die Zukunft gejährliche Ver- 
wickelungen einschließe: der Friede werde nicht 30, keine 20, kaum auch nur 
10 Jaoe erhalten bleiben. Derby (gew. Minister des Ausw.) beglück- 
wünscht die Regierung, daß sie den Frieden erhalten habe, glaubt aber, daß 
derselbe auch zu einem weniger theuern Preise zu erlangen gewesen wäre. 
Er fürchte, daß man für die Türkei Verbslichtuench, übernommen habe, deren 
Ausübung weder leicht noch wünschenswerth erscheinen dürste. Salisbury 
bemerkt, daß man der österreichischen Occeupation Bosniens und der "o“ erze- 
gowina zu geringes Gewicht beilege: dieselbe bedeute für die Welt 
und insbesondere für die Feinde der Türkei, daß Rußland nim- 
mermehr am Bosporus herrschen werde. 
Nede Beaconsfield's: „Ich thue ur meine Pflicht, indem ich 
die Papiere dem Hause vorlege, welche die auf dem Congresse erzielten dec- 
sultate darlegen. Ich will unn einige Bemerkungen machen über die Politik 
des englischen Cabinets auf dem Congresse. Der Vertrag von St. Ste- 
fano wurde, wie Sie wissen, in England mit großem Mißtrauen angesehen. 
Ich werde zeigen, daß durch die Aenderungen, welche durch den Berliner 
Vertrag in jenem Vertrage gemacht wurden, und durch die endih türkische
	        
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