Grohbrittannien. (Dec. 17 — Ende.) 337
17. December. Afghanistan: Die russische Gesandtschaft wird
nunmehr wirklich von Kabul abberusen. Rußland läßt Schir Ali
definitiv im Stich.
18. December. Unlerhaus: genehmigt auch seinerseite den An-
trag der Regierung, die Kosten des afghanischen Krieges vorläufig
aus dem indischen Staatsschatze zu bestreiten.
20. December. Asghanistan: die Engländer besetzen Dschel-
lallabad.
31. December. Asghanistan: die Engländer treten den Vor-
marsch nach Kandahar an.
— December. Die Negierung veröffentlicht ein Blaubuch
über ihre seit dem August mit der Pforte gewechselten Depeschen
betr. die in Kleinasien, Syrien und Mesopotamien einzuführenden
Reformen, die England auf Grund seiner Convention vom 4. Juni
von der Pforte verlangt.
Zie Sammlung beginnt mit einer Depesche Salisbury's an Sir
Heury Layard vom 8. August 1878, worin Lehterer instruirt wird, der
Pforte die unverzügliche Ausführung der in dem Berliner Vertrage, sowie
in der englisch- trlischen Convenlion preeltirten Reformen aus Herz zu
legen. „Ihrer Majestät Regierung“ — heißt es in der Depesche weiter —
odringe unter den bestehenden Umständen nicht auf die Einführung von Re-
präsentativ= Instilutionen, aber sie müsse auf drei wesentlichen Punkten be-
stehen: 1) der Bildung einer von Europäern organisirten und befehligten
Gendarmerie in den afiatischen Provinzen; 2) der Einführung von Central=
Gerichtshöfen in den bedentendsten Städlen, von denen jeder einen europäischen
Juristen als Beisitzer haben soll, dessen Zuftimmung in jedem abzugebenden
Urtheile nöthig sein wird; 3) der Ernennung eines Stenereinnehmers in jedem
VBilajet, dessen Functionen darin zu bestehen haben, die Verpachtung der
Zehenten- Einkünfte abzuschaffen und eine zehnjährige Abrechuung einmführen.
Dieser Beamte soll in den meisten Fällen ein Enropäer jein. Es würde un-
erläßlich sein, daß der Vali und Richter unabsetzbar seien, so lange sie sich
nichts zu Schulden kommen lassen, und es würde wünschenswerlh sein, wenn
dem Sleuereinnehmer eine ähnliche Sicherheit für seine Amisdauer gegeben
würde.“ — Am 21. August 1878 erfolgle eine Antwort des Botschafters
auf obiges a 1 Er theilt mit, daß er dem Großvezier die gewünschten
Reformen schriftlich bezeichnet habe, doch wegen der voraussichtlich entstehen-
den Discusfsion einstweilen noch nicht in Gestalt offizieller Noten. So viel
hlaubt er den Besprechungen mit dem Großvczier entnehmen zu können, daß
einem wesentlichen Thrile der Vorschläge Widerstand entgegengesetzt werden
würde, besonders der Anstellung von Europäern an den Centralgerichtshöfen,
daß die Vorschläge jedoch im Prineip angenommen werden würden. Der
Widerstand werde, so glaubt Sir H. Layard, nicht von Safvet Pascha aus-
gehen, der im Ganzen solche Dinge staatsmännisch und freisinnig ansehe
sondern von einer Parkei im Ministerrathe, die allen Reformen, durch welche
europäischer Einfluß vermehrt würde, feindlich sei. Am 24. October theilt
Layard dem Marquis v. Salisbury die Antwort Savfet Pascha auf seine
Note vom 19. August mit. Die Pforte acceptirt im Wesentlichen die Vor-
schläge belreffs der Gendarmerie, beanstandet aber die Ernennung europäischer
Schulthess, Europ. Geschichtslalender. XIX. Bd. 22