374 Frankreich. (Sept. 24—26.)
sli ziren lonnte, durchgeführt, dann wird die Republik definiliv unsere Gesetze
und Sitten durchdrungen haben; sie wird unüberwindlich sein, und Maß-
regeln der Milde und Vergebung werden den Schlußstein bilden zu einem
freien, slarken, allbewunderten Frankreich."
21. September. Bischof Freppel von Angers greift Gambetta
wegen seiner Nede in Romans aufs heftigste an und wird dabei
von der ganzen clericalen Presse lebhaft unterstützt. Dagegen erhebt
sich nun seinerseits Graf Falloux, bekanntlich selbst ein entschiedener
Katholik, und tadelt die Kampfeslust des Bischofs Freppel, des Ritt-
meisters Graf de Mun und ihrer Genossen, die mehr schade als
nütze. Gambetta hat übrigens in St. Romans offenbar den rich-
tigen Punct getroffen: die clericale Frage ist in Frankreich vor
allem nur eine Schulfrage.
Ein offizieller Bericht über den gegenwärtigen Stand des Mittel-
schulwesens in Frankreich gibt folgende hieher gehörige Daten: Die Zahl
der Schüler an den öffentlichen Anstalten ast von I.43,000 (im - 1865)
auf 157,000 (im Jahr 1876) gestiegen. Tie Privatschulen (#coles librcs)
sind indeß ungemein gahlreicher. Es gibt ihrer 803, darunter 494 unter
weltlicher Leitung, 309 in geistlichen Händen. Diesem Verhältniß entspricht
indessen nicht der Besuch der Anstalten: gerade die in Minderheit befind-
lichen geistlichen Schulen sind es, die eine ansehnliche Mehrheit von Schülern
aufweisen, 49,000 gegenüber 31 ,000. welche die weltlichen Anstalten besuchen.
Ein Vergleich mit dem Verhällniß zwischen geistlichen und welllichen Schulen,
wie es sich im Jahre 1854 darstellte, ergibl, daß die Laienschulen in diesem
Zeilraume von 22 Jahren um 331, sage dreihunderteinunddreißig, abgenom-
men haben. Wenn diese Abnahme um etwa 15 (weliliche Anstalten (jähr-
licher DTurchschnitl) anhielte, so wären sie in :3 Jahren verschwunden.
e geistlichen nsalten haben sich in dem genannten Zeitraum um 53
vernnchrl.
26. Seplember. Die Regierung tritt den Prätentionen des
neu ernannten Bischofs von Marseille durch stricte Anwendung des
Buchstabens des Gesetzes mit vollständigem Erfolge entgegen.
Der Vischof hatte auf dem feierlichen Einzug bestanden, den ihm das
alte napolkonisch e Gesetz gewährt, das ganz außer Anwendung gekommen ist.
Das aber war es eigentlich nicht, was der Kirchenfürst verlangte. Er wollte
nicht blos mit militärischen Ehren, er wollie mit kirchlicher Pracht bei Glocken-
geläute, geleitet vom Clerus in feierlichem Aufzuge und von den katholischen
Vereinen mit Kreugen und Fahnen, einziehen. Anfänglich ersuchte ihn der
Präfect, im Hinblick auf die Aufregung in der Stadt vom feierlichen Auf-
zuge ganz abzufehen. Der Bischof erwiderte, er bestehe auf seinem Schein.
Hierauf erklärte der Präfect, die Infanterie werde vom Bahnhofe bis zu
seinem Palaste Hecke machen, achtzig Reiter werden seinen Wagen geleiten.
Glocken jedoch dürfen nicht geläutet werden, geistliche Begleitung mit Fahnen
und sonstige Aufzüge nicht stattfinden. Er und seine Snite müßten in ihrer
Alltagskleidung, nicht in Kirchengewändern jein. Da findet denn der Bischof
diese militärische Escorte doch nicht zeilgemäß, begibt sich in aller Stille in
seine Resideng und erscheint dann in der Kirche, wo die gewöhnliche Em-
pfangsfeierlichkeit siattfindet.