Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

380 krankreich. (Dec. 14.) 
Verlockung und den Ansang um Staalsbankerott dennucirt. Die that- 
sächliche Entgegnung findet sich im Budgetbericht des Senats selbst. 
14. December. Senat: Eine Interpellation gibt dem Minister 
des Answärtigen Waddington Anlaß, sich über die auswärtige Po- 
lilik Frankreichs und über seine eigene Thätigkeit auf dem Berliner 
Congreß einläßlich auszusprechen. Derselbe schließt die Darlegung 
mit den Worten: „Ich darf nach alle dem dem Senat und dem 
ganzen Lande die Beruhigung ertheilen und wiederhole es: Europa 
hat Vertrauen zu uns.“ Die Darlegung erhält auch die aufrichtige 
Villigung des Senats und der öffentlichen Meinung, fast ohne Unter- 
schied der Parteien. 
Die „Ropublique Francaise", das Organ Gambetta's, urtheilt über 
diese auswärlige Politik Frankreichs zunächst auf dem Verliner Congresse: 
„Interessirte Gesichtspunkter konnten die anderen auf dem Congreß vertretenen 
Staaten leilen. Die Republik hat sich eine Ehre darans gemacht, die ab- 
soluteste Uneigennübigkeit zu beweisen. Sie hat alles sanctionirt, was den 
Ausprüchen der Südflaven zuzugestehen ihr recht schien. Sie hat mit Wärme 
die Nechte Rumäniens vertheidigt, und wenn Bessarabien schon im voraus 
geopfert war, so war doch wenigstens die sympathische Stübze, welche das 
unglückliche Fürstenthum, beraubt durch seine Alliirten, die es im Balkan 
gerettet, aun Frankreich hatte. ein mächtiger Trost für dasselbe. Kurz, 
Frankreich hat, treu der großmüthigen Tradition, die aus ihm den Beschützer 
Griechenlands machte, und woelche allein das zweite Kaiserreich halte ver- 
gessen können, für Griechenland verlangt nicht nur, was man seine natür- 
lichen Grenzen nennen konnte, sondern wenigstens eine lerritoriale Aus- 
dehnung, welche der hellenischen Nation erlanbte,) zu wachsen und sich zu 
entwickeln. Diese Politik war edel und würdig. Sie hat der Regierung der 
Republik allgemeine Sympathien eingetragen und die tiefe Dankbarkeit der 
Völkerschaften, deren Vertheidigung sie so großmüthig übernommen hat. Es 
ist der schönste Ehrentitel des Herru Waddiugton, in Verlin der autorisirte 
Verlreter und geschickte Verlheidiger dieser Politikl gewesen zu sein. Das hat 
Herr Waddington heute im Senat gesagt. Gewiß gibt es im Berliner Ver- 
trag mehr als eine Clausel, die von den Verkretern Frankreichs ratificirt zu 
sehen peinlich war. In Anbetracht des großen Interesses des europäischen 
Friedens jedoch konnte man nicht zurückweichen. Und nachdem der Bertrag 
einmal unterzeichnet ist, muß er auch ausgeführk werden. Und Frankreich 
gebührt! es ganz besonders, über die Ausführung der Maßregeln, zu denen 
es die Initiative ergriffen, zu wachen."“ 
Mitte December. Es ist bereits außer Zweifel, daß der Cul- 
turkampf Frankreich nicht erspart bleibt. Aber derselbe entwickelt 
sich in wesentlich anderer Weise als in Deutschland. Im Vorder- 
grunde des Kampfes steht nicht der Staat, sondern slehen die Ge- 
meinden. 
Die ehemals päpstliche Sladt Avignon, erst seit weniger als einem 
Jahr einer legitimistischen und ullramontanen Verwaltung entrissen, gibt ein 
schlagendes Beispiel des Culkurkampfes, wie er bereits in fast sämmtlichen 
Departements stattfindet. Der dorlige Gemeinderath verminderte, unterstütßzt 
vom Präfecten, um 9000 Fr. die Jahresgehalle der vier Psarreien und um
	        
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