5. Italien.
1. Jannar. Der König Dictor Emannel bemerkt beim Neujahrs=
empfang der Minister mit Nachdruck, es möchte eine bloße Partei-
stellung von ihnen in der Kammer möglichst vermieden werden; eine com-
pacte Majorität sei durchaus nothwendig, um unter allen Eventuali-
täten die Interessen des Landes zu wahren. Eine solche Majorität
besteht aber nicht, noch steht sie bei der obwaltenden Spaltung unter
den verschiedenen Gruppen der Linken in Aussicht. Das zweite
Ministerium Depretis steht daher von vorneherein auf sehr schwachen
Füßen.
9. Jannar. König Victor Emanuel 1, mit den Tröstungen
der Religion versehen, sehr unerwarket. Die Trauer um ihn, den
Gründer des Königreichs Italien, ist in allen Theilen des Landes
eine ebenso lebhafte und aufrichtige als allgemeine. Der Papst
willigt ein, daß es mit der (zwar nur indirect ausgesprochenen aber
zweifellosen) Excommunication, die auf dem verstorbenen König wegen
des „Naubes des Kirchenstaates“ lastet, nicht in aller Strenge ge-
halten werde, ohne sie jedoch ganz aufzuheben. Der Kronprinz
(geb. 1844) folgt ihm als König Umberto I. Er erläßt sofort eine
Proclamation an die Italiener und bestätigt das Ministerium De-
pretis. Das Parlament wird auf den 16. Jannar einberufen.
Der König gibt vor seinem Tode folgende Erklärung ab: „Ich sterbe
als Katholik; ich hatte vor der Person Sr. Heiligkeit stets Hochachtung und
Ehrfurcht, und ich bedaure aufrichtig, wenn irgend eine meiner Handlungen
dem hl. Vater persönlich Schmerg bereitet haben sollte. Aber in allen meinen
Handlungen habe ich stets das Bewußtiein gehabt, meine Pflichten als
Bürger und Fürst zu erfüllen, und nichts gegen die Religion meiner Bäter
zu unternehmen.“ Erst nach Abgabe dieser Erklärung erscheint der Beicht-
vater des Papstes Monsignore Marinelli im Quirinal als Ueberbringer des
päpstlichen Segens (worin co ipso die Lösung aus dem Kirchenbann aus-