Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Jlolien. (Juni 18—28.) 393 
bunden sei. Die Interpellanten erklären sich durch die Ankworten der Mi- 
nister für zufrieden gestellt. Morano bringt einen Antrag ein, wonach die 
Regierung aufsgefordert werden soll, jede Vertragsverlängerung, sowie alle 
Unterhandlungen mit anderen Staaten so lange zu sistiren, bis die Verträge 
mit allen Ländern abgeschlossen werden können. Die Kammer beschließt 
auf Antrag des Ministerpräsidenten, die Debalte über diesen Antrag auf 
sechs Monate zu vertagen. 
18. Juni. Bei den Wahlen zum römischen Provinzialland- 
tage und zur Stadtverordnetenversammlung von Nom betheiligen 
sich die Clericalen zum ersten Mal in größerer Anzahl. Das Re- 
sultat ist, daß 2 Namen der clericalen Liste neben 13 Liberalen aus 
der Wahlurne hervorgehen, die beiden Fürsten Gabrielli und Alio- 
brandini. Von 21,000 Wahlberechtigten haben über 10,000 sich 
an der Wahl betheiligt. Die elericale Strömung wächst langsam, 
aber unverkennbar an. 
24. Juni. Kammer: beräth darüber, welche Vorlagen der Re- 
gierung noch bis zur Vertagung discutirt und welche bis nach den 
Sommerferien hinausgeschoben werden sollen. In Uebereinstimmung 
mit den Wünschen des Ministeriums entscheidet sich die Kammer für 
die Annahme einer die Dringlichkeit der Mahlsteuervorlage und des 
Eisenbahngesetzes befürwortenden Tagesordnung, über welche nament- 
liche Abstimmung beantragt wird. Diese namentliche Abstimmung 
ergibt die glänzende Mehrheit von 176 ministeriellen Stimmen gegen 
73 Dissidenten, die theils mit Nein stimmen, lheils der Abstimmung 
sich enthalten. 
28. Juni. Da das Ministerium Cairoli dem Versammlungs- 
recht keine Schranken setzen will, so hat sich in Mittel- und Nord- 
Italien neuerdings eine lebhafte Agitation für die sog. Italia irre- 
denta (Triest und Wälschtyrol) entwickelt, in deren Folge zu Venedig 
eine Demonstration gegen den österreichisch-ungarischen Conful statt- 
findet. Die Bevölkerung von Venedig mißbilligt jedoch den Vorfall 
und Bürger und Behörden drücken darüber dem Consul ihr Be- 
dauern aus. Die Regierung verspricht, die Sache zu untersuchen 
und die Schuldigen zu bestrafen und spricht gegenüber Oesterreich 
ihre Mißbilligung aus. 
28. Juni — 1. Juli. Kammer: Verathung des definitiven 
Budgets und Debatte über die damit zusammenhängenden Finanz-- 
fragen, namentlich die Eisenbahnvorlage der Regierung. Der Finanz- 
minister Seismit-Doda sucht die Richtigkeit seiner am 3. Juni ent- 
wickelten Voranschläge und die von der Linken gemachten Erspar-
	        
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