38 Pos deulsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Jau. 8—12.)
Sorge für den confessionellen Religionsunterricht der Kinder und
durch Anstellung von Lehrern der verschiedenen Bekenntnisse, welche
in der Schule vertreten sind, diesen die ihnen gebührende Berück-
sichtigung in vollem Maß gewährt wird, und daß demnach auch
die religiöse Erziehung der Jugend in solchen Schulen keinerlei Be-
einträchtigung erfährt. Von einem Bestreben der Gemeinden, con-
fessionslose Schulen, d. h. Schulen, an welchen weder bei Ertheilung
des Unterrichts noch bei Anstellung der Lehrer das religiöse Be-
kenntniß der Zöglinge berücksichtigt wird, ins Leben zu rufen, ist
mir bis jetzt nichts bekannt geworden.“
8—9. Jannuar. (Bayern.) II. Kammer: erklärt sich nach
sehr lebhaften Debatten mit 77 (ultr.) gegen 75 (lib.) Stimmen
für eine Petition der kath. Bürger von Großkarlbach betr. die Auf-
hebung der Verordnung über die Simultan= (paritätischen) Schulen.
Die Regierung denkt indeß nicht daran, die Verordnung, die einem
Bedürfniß entspricht und in der für die Ertheilung des Religionsunterrichts
an die Kinder der verschiedenen Confessionen alle nur wünschbare Vorsorge
getroffen ist, wieder abznichaffen. — Im Caufe der T Diskussion bemerkt Kultus-
minister v. Lutz, daß die Anerkennung der Jurisdillion des allkath. Bischofs
Reinkens eine Verfassungsverletzung sein würde; doch könne er nichts dagegen
lhnn, wenn derselbe kirchliche Handlungen in Bayern vornehme.
12. Jannar. (Preußen.) Der Cultminister Falk weist eine
vom Grafen Ballestrem und 18 Mitgliedern des Abg.-Hauses am
5. Nov. dem Kaiser überreichte Massenpetition schlesischer Katholiken
entschieden ab, indem er den Petenten eröffnet:
„Die Klagen, welche die Zustände auf kirchlichem Gebiete zum Gegen-
stande haben, glauben diejenigen Mißstände, welche nach Erlaß der neueren
lirchenpolitisch Gesetze hervorgetreten sind, auf diese Gesetze felbst Furück-
führen zu sollen, während doch offenkundig diese Erscheinungen nur noth-
wendige Folgen des unberechtigten Widerstandes sind, welchen jene auf ver-
fassungs zmäßigem Wege zu Stande gekommenen und deßhalb für Jedermann
verbindlichen Gesehe Seitens der geistlichen Oberen und eines grosten Theiles
des Klerus der römisch-katholischen Kirche gejunden haben. In Bescheidung
auf diesen Theil der Petilion kann ich demgemäß nur auf meine in der
Sitzung des Hauses der Abgrordneten am 22. Nov. v. J. abgegebene Er-
klärung verweisen, wonach die Frage der Aufhebung der Maigesehe für die
Staateregierung absolut indiskutabel ist, die Negierung aber auch, so lange
die von den Herren Abgeordneten im Zentrum vertretenen Grundsäßze auf-
recht erhalten werden, nicht in der Lage ist, Erwägungen eintreten zu lassen,
ob Modisikationen sich empfehlen könnten. Auch haben Se. Majestät der
Kaiser und König Allerhöchstjelbst bei Zufertigung der Pelition zum Aus-
druck zu bringen geruht, daß die Petenten in mehrfacher Beziehung besser
gelhan haben würden, anstatt ihre Klagen Allerhöchsten Orts vorzutragen,
sich zur Erreichung ihrer Zwecke mit ihren Beschwerden und Anträgen an
diejenige kirchliche Autorität zu wenden, welche dem grundfätzlichen Wider=
stand gegen die Gesecze des Staakes ein Ziel zu setzen in der Lage ist.“