446 Uuhland. (Juni 4 — Ende Juli.)
kanzler Gortschakoff vertreten soll, geht von London nach Petersburg
ab, um über die mit England abgeschlossene Convention Bericht zu
erstatten und Instructionen einzuholen.
4. Juni. Abschluß eines Schutzvertrags Englands mit der
Pforte behufs Sicherung Kleinasiens, Syriens und Mesopotamiens
gegen weitere Uebergriffe Rußlands gegen Abtretung der Insel Cypern
und die Zusicherung von Reformen in diesen Provinzen (s. England).
13. Juni. Zusammentritt des Berliner Congresses. Rußland
ist auf demselben durch Gortschakoff und Schuwaloff vertreten.
26. Juni. Der Verliner Congreß hat bereits die bulgarische
Frage erledigt und Rußland hat dabei allerdings nicht alles erreicht,
was es geplant und durch den Vertrag von S. Stefano schon sich
gesichert zu haben glaubte, aber doch mehr als recht und billig ist, mehr
als im Interesse Europas liegt. Gortschakoff erklärt jedoch, daß seine
Collegen in seiner Abwesenheit Concessionen gemacht hätten, welche weit
diejenigen überschritten, welche er zu machen gedacht habe (s. Deutschl.).
28. Juni. Der Berliner Congreß überträgt Oesterreich die
Oeccupation Bosnieus und der Hergegowina. Rußland ist damit
selbstverständlich ganz und gar nicht einverstanden, obgleich es sich
dem Beschlusse nicht widersetzt (s. Deutschland).
1. Juli. Der Berliner Congreß gibt Rumänien und damit
die unzweifelhaften Interessen Europas Rußland Preis, indem er
diesem Bessarabien zuspricht und Numänien zwingt, sich dafür mit
der Dobrutscha zu begnügen.
13. Juli. Schluß des Berliner Congresses und Unlergeichnung
des Berliner Friedensvertrages (s. den Wortlaut unter Deutschland).
21. Juli. Der Finanzminister v. Reutern wird entlassen,
und Greigh an seine Stelle ernannt.
22. Juli. Eine russische Gesandtschaft trifft in Kabul (Af-
Ahanistan) ein, um Schir Ali gegen England zu hetzen und zu
stützen. Ein Schutz= und Trutzbündniß soll zwischen Nußland und
dem Emir abgeschlossen werden.
Ende Juli. Die Unzufriedenheit mit dem Resultat des Con-
grefses ist fast allgemein und sindet in Moskau wie in Petersburg
scharfen Ausdruck.
In einer in der jüngsten Plenarsitzung des Moskauer Slaven-Comités
gehaltenen Rede sagte Aksakoff, wie ein flavisches Blatt berichtet, u. a. Fol-
gendes: „der Congreß sei eine freche Beschimpfung dessen, was Rußland ge-
wollt habe; man habe Rußland eine Rarrenkappe mit Schellen aufgeseßt.
Der Congreß sei eine kolossale Absurdität, ein verblüffendes Unding, eine