aßland. (Aug. 10—21.) 47
offenbare Schmähung Rußlands, ein krankhaftes Belügen und Irreführen
des eigenen Gewissens, eine Verschwörung gegen das Russenvolk unter Be-
theiligung von dessen eigenen Vertretern, eine Ohrfeige an Rußland. Ruß-
lands Diplomatie sei gefährlicher als der Nihilismus, die Bornirtheit der
russischen Diplomaten sei verblüffend. Die russische Ehre sei erniedrigt und
geschwächt." In minder leidenschaftlichen Ausdrücken, aber doch mit unver-
#anare tiefer Verstimmung über den Fehlschlag der nationalen Ziele sprechen
sich sortdauernd die größlen nicht- ossieiallen und nicht-officiösen Blätter aus.
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5. Angust. In ganz Rußland gährt es sort und fort. An
allen Ecken und Cnden häufen sich die Nihilisten-Processe, aber die
Bewegung wird dadurch nicht schwächer. Unruhen in Odessa.
10. August. Die russische Regierung lösk das Moskauer sla-
vische Wohlthätigkeitscomite auf und weist Aksakoff, den Führer der
panflavistischen Partei, aus der alten Hauptstadt des russischen
Reiches, in welcher er seit Jahren einen bedeutenden politischen Ein-
fluß übte, aus.
Da das St. Petersburger Gabinet jetzt wieder friedlichere Bahnen ver-
folgt, sucht es sich natürlich von dem Drucke zu befreien, den die revolulio-
nären panflavistischen Comites unter dem Deckmantel nationaler Bestrebungen
auf die Regierungskreise ausübten. Schon vor einigen Wochen, als die
Censurbehörde die publicistische Verbreitung einer von Aksakoff in seiner
Eigenschaft als Präjes des gedachten Comités gehaltenen Rede verbot, konnte
man erkennen, daß die Regierung mit den panflavistischen Agitationen auf-
zuräumen gedente. Diese Vermuthung hat sich bald besläligt. Die intimen
Beziehungen des greisen Aksakoff zu dem Großfürsten-Thronfolger, den man,
früher wenigstens, für einen entschiedenen Gönner der pauflavistischen Ideen
hieit, haben die Maßregelung des Agitakors nicht zu verhüten vermocht. Wenn
de- gehrime Vorgeschichte des jüngsten Krieges klar gelegt sein wird, dürfte
sich zeigen, daß Aksaloff und seine politischen Freunde an dem Ausbruch
desselben einen großen Theil der Schuld tragen. In seinem Drängen Zum
osfenen Kriege Rußlands mit dem Sultan schreckte Alsakoff selbst vor Dro-
hungen gegen die herrschende Dynastie nicht zurück. Den Höhepunkt seiner
Macht erlangte das Moslauer Wohlthätigkeits ccomité, als die Regierung die
Berwaltung Bulgariens dem radicalen Fürsten Tscherlaßly anvertraute.
Dieses Pactiren der Regierung mit dem revolutionären Comike, welches in
die Zeit der fast hoffnungslosen Tage von Plewna fiel, hörte auf, als Oeman
Pascha Wa zur Capitulation gezwungen wurde. Der plögliche Tod, welcher den
Fürsten Tscherkaßty ereilte, enthob die Regierung der Unannehmlichteit, den-
selben seines Amtes zu entsetzen. Die von ihm in das russische Beamtenthum
in Bulgarien eingeführten radicalen Elemente wurden sofort entfernt und in
der ganzen Administration scharfe Maßnahmen gegen die revolutionären pan-
slavislischen Auswüchse ergriffen.
16. August. Attentat auf den General Mesenzoff, Chef der
dritten Abtheilung der geheimen Kanzlei des Kaisers in St. Peters-
burg. Die Urheber entkommen. — Dem „Golos“ wird der Straßen-
verkauf entzogen.
21. Auauf. Ein kaiserlicher Ukas verfügt die Aburtheilung
von politischen Verbrechen durch die Mililärgerichte. Derselbe wird