486 Die oltomannische Pforle. (Dec. 9—23.)
Minister des Auswärtigen ernannt. Die Ernennung ist das Werk
einer Intrigue Said Pascha's, der den Sultan nenerdings mit einer
angeblichen Verschwörung zu schrecken gewußt hat.
9. December. (Serbien.) Fürst Milan eröffnet die Skupschtina
in Nisch.
10. December. Der nene Großvpezier Chaireddin sucht seine
Stellung durch zahlreiche Verbannung allfälliger Rivalen zu be-
festigen.
12. December. Das Gerücht will wissen, England unterhandle
neuerdings mit der Pforte wegen Abtretung des Hafens von Ale-
xandrette in Syrien als Endpunct der pro jectirten Euphratbahn,
gegen Garantirung einer Anleihe. Das Gerücht bestätigt sich jedoch
vorerst nicht.
15. December. Der von der internationalen Commission für
Ost-Rumelien eingefetzte Finanz-Director Schmidt wird von den
Bulgaren förmlich vertrieben.
Mitte December. Die Pforte befestigt Erzerum unter Leitung
englischer Ofsiziere.
19. December. (Serbien.) Rußland gewährt Serbien eine
jährliche Subvention von 60,000 S.N. für Einführung des Unter-
richts in russicher Sprache und Literatur an den höheren Schul-
anstalten des Landes.
20. December. Bis jetzt haben ca. 3000 bulgarische Infur-
genten in Macedonien die Waffen niedergelegt und um Amnestie
nachgesucht.
23. December. Antwort der bulgarischen Delegirten auf einen
Erlaß der internationalen Commission für OÖst-Rumelien „an das
bulgarische Volk“,
in welchem demselben die humanen, vorurtheilslosen Intentionen der-
selben kundgegeben wurden, mit der Versicherung, daß alle Maßnahmen ge-
troffen werden sollen, um das Wohl des Landes sicher zu stellen. Dieses,
in seinen wesentlichen Puncten von dem ersten Delegirten Oesterreichs,
v. Kallay, verfaßte und von den übrigen Commissions-Mitgliedern genehmigte
Actenstück war ein wahres Muster von Wohlwollen und Milde. In den
Augen der Bulgaren halte dasselbe aber zwei unverzeihliche Hauptfehler:
die Verheißung, daß alle Bewohner Rumeliens, ohne Unterschied der Religion
und der Nationalilät, der gleichen Wohllhalen der Gesetze theilhaftig werden
sollen, und die jchließliche Aufforderung, den Beslimmungen des Berliner
Vertrages keine Schwierigkeiten zu bereiten und sich der Autorität des Sul-
taus zu unterwerfen. Die bulgarische Antwort wird als eine förmliche
Kriegserklärung der Bulgaren an die Commission aufgefaßt. Die Bulgaren,
von den rufsischen Gewalthabern aufgestachell, wollen von einer Wiederkehr
der türkischen Herrschaft in welcher Form immer durchaus nichts wissen, be-