Das denuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 21—23.) 59
die bevorslehende Specialberathung des vorgelegten Vudgels eine bedeutende
Herabselzung des in Aussicht genommenen Deficits ergeben jollte; allein auch
dann würde man dennoch nach einer unbefangenen Erwägung der gesammten
Finanglage des Reiches das Bedürfuiß einer baldigen erheblichen Vermeh-
ungG der eigenen Einnahmen des Reiches nech immer anerkennen müssen.
Die dem Neichstage zugegangenen Steuervorlagen „haben ihr Recht und ihre
Bedeutung in beschränktem Zusammenhang mit dem vorgelegten Etat: sie
haben aber ihr Recht und ihre Bedentung auch völlig unabhängig von dem
vorgelegten Etat“. handelt sich dabei nicht allein um die Finanjen des
Reiches, sondern zugleich um die Finanfen der zum Reiche verbündeten
Einzelstaaten. In besonderem Bezug auf Preußen sagl Herr Camphausen:
Ich vertrete schon seit mehreren Jahren den Standpunlt, daß es für die
gesunde Entwicklung der Finanzwerhältnisse des preußischen Staates in hohem
Grade wünschenswerth sein wird, daß die Matriralarbeiträge über diejenige
Höhr, die sie im Jahre 1875 hatten, und dir also von der Höhe, die sie
im laufenden Etat einehmen, un etwa 10 Millionen abweichen, nicht hi-
nausgehen. Ich vertrete noch lebhafter die Auffassung, daß keinesfalls die
gegemwärtige Höhe noch gesteigert werden möge. Ich vertrete endlich die
Aufsassung, daß im preußischen Steuersystem bei den Anforderungen, die
immer weitergehend an die Staatskasse gerichlet werden, bei den Anforde-
rungen, die in immer größerem Umfange sich an die Kreis= und Commmmal.
verbände gerichtet haben, ein Weg gesucht werden muß. um im Wege der
indirelten Bestenerung die Mittel zu gewinnen, die Lasten bei der direkten
Besteuerung, deren sich jene Verbände in der Regel Zu bedienen haben, zu
vermindern.“ Herr Camphanjen bemerlt dann in Kürze von der „Stempel-“
und besonders der „Börsensteuer-Vorlage", man habe in denielben mit Un-
recht einen augenblicklichen Nothbehelf erbliickt, während auch sie einen ersten
und schwierigsten Schritt bilden, nach dessen Zurücklegung erst ein weiterer
Weg beireten werden dürfe. „Meine Herren! Die Frage wegen der soge-
nannten Börsenstener beschäftigt“ uns im Deutschen Reiche, früher im Nord-
entschen Bunde, nun schon seil beinahe neun Jahren. Eine Gutschliefiung
st um so nöthiger in einem Augenblick, wo wir und mit dem Gedanken
chäftigen, Verbrauchsstenern zu erheben in einem größern Umfange, Ver-
brauchssteuern, die sich, wenn sie einen erllecklichen Erfolg herbeiführen sollen,
tets nur adressiren können an solche Genußmittel, die in weiten Schichten
der Bevölkerung gesucht werden. Und in einem solchen Angenblicke, m. H.,
würde es meiner Ansicht nach nicht wohlgethan sein, wenn wir Steuerpro-
jelle, die recht eigentlich die Besipenden tressen, die recht eigentlich den mehr
oder weniger leicht erworbenen Reichthum treffen, bei Seite legen und uns
nur mit den andern Stenern beschäftigen wollten.“ Damit ist auf den Kern
des innern Zusammenhanges der jetzigen Vorlagen Hingewiesen. Von der
andern Vorlage zur „höhern Bestenerung des Tabals“, sagt der Herr Mi-
nister zunächst nur, die höhere Besteuerung des Tabaks sei ein Thema, das
seit Jahren mit besonderer Vorliebe behandelt werde und dessen Lösung für
eine durchgreifende Umgestallung des indirelten Sleuerwesens eine Vorbedin-
qung bilde. Das System der indirekten Steuern sei verschieden“ zu gestallen,
e nachdem man hinsichllich der Bestenerung des Tabals sich für das Mo-
nopol entscheide, je nachdem man sich für eine hohe Fabriksteuer entscheide,
je nachdem man sich für die höhere Bestenerung des ansländischen und eine
entsprechende höhere Bestenerung des inländischen Tabaks entscheide. Je
mehr man aus dem Tabak zu ziehen gedenke, je mehr man herauszuziehen
vermöge, desto mehr werde das übrige System der indirekten Steuern sich
darnach modeln müssen. Dann kriltisirt Redner das Mohl'iche Phantasie-
gebilde über die alsbald zu erwarlende ungeheure Ertragsamkeit des Tabaks-