Da# denische Reich und seine einzelnen Glieder. (April 12 —20.) 85
12. April. (Dentsches Reich.) Neichstag: stellt den Reichs-
Etat für 1878.79 in dritter Lesung definitiv fest. Durch Ermäßigung
einzelner Ausgaben und Erhöhung einzelner Einnahmen ist es ge-
lungen, die Herabminderung der Matrikularbeiträge, die nach dem
von der Reichsregierung vorgelegten Etatsentwurf eine Erhöhung
von 28 Mill. gegen das Vorjahr bezifferten, um nicht weniger als
22 Mill. zu erzielen.
— April. (Preußen.) Das Vorgehen des Oberkirchenrathes
gegen die freisinnigen evang. Prediger Hoßbach und Kalthoff — dem
erstern, von der Berliner Jacobi-Gemeinde zum Prediger gewählt,
wird die Bestätigung versagt, gegen den letzteren aber eine Unter-
suchung eingeleitet, die fast nothwendig zu seiner Absetzung führen
wird — erregt fortwährend großes Aufsehen und entschiedenen Tadel.
Die Regierung antwortet darauf offiziös: „Es ist als ein Gewinn
der Hoßbach'schen Angelegenheit bezeichnet worden. schrieb seiner Zeit der
„Cvangelische kirchliche Anzeiger", daß in dem Erlaß des evangelischen Ober-
kirchenraths gewisse Lehrabweichungen als solche bezeichnet sind, welche auf
evangelischen Kanzeln nicht geduldet werden können. „Wenn Sie“, heißt
es in dem betreffenden Erlaß, eim Widerspruch mit dem ältesten Ganon
der Christenheit Christus blos für einen natürlichen, wenn auch noch so her-
vorragenden Menschen erklärten, wenn Sie seine Gemeinschaft und seine
Wesensgemeinschaft mit Gott, sowie die normative Antorität der hl. Schrift
in Abrede stellten und das Wunder überhaupt leugneten, so würden Sie sich
mit dem Gemeinglauben der evangelischen Kirche und mit der hl. Schrift in
einem jundamentalen Gegensaß befinden, wie er mit den Ihnen durch Ihr
Amt auferlegten Pflichten schlechthin unverträglich ist.“ Nachdem die üblichen
Adressen und Ansprachen zwischen den in dieser Sache Belheiligten gewechselt
waren, schien die Hoßbach'sche Angeegendeit erledigt zu sein. (Hohbach h hat
auf eine Wiederwahl verzichtet.) Plötzlich ist auf's Neue der innerste Kern
dieser Sache unter einem anderen Namen, als Kalthoff'sche Angelegenheit,
in die Oeffentlichkeit getreten. Prediger Kalthoff hat nämlich erklärk, daß er
an die Schranlen der Lehre, welche der evangelische Oberkircheurath in der
Verfügung an den Prediger Hoßbach für einen evangelischen Geistlichen als
nothwendig bezeichnet, sich nicht binden könne, und daß er dieselben nicht
nur in seiner bisherigen amtlichen Thätigkeit überschritten habe, sondern sie
auch serner überschreiten werde. Die Antwort auf diese Erklärung war die
Aufforderung, Prediger Kalthoff möge sein Amt freiwillig niederlegen. Die
Meigerung desselben, dieser Aufforderung Folge zu geben, mußte die Dis-
ziplinaruntersuchung mit ihren Konsequenzen nach sich ziehen. Diese ener-
gische und schnelle Ankwort der Kirchenbehörde auf das Vorgehen des Pre-
digers Kalthoff bildet die erste Consequenz der Entscheidung in der Hoßbach'-
schen Angelegenheit.“
20. April. (Deutsches Reich.) Es ergehen die allerhöchsten
Ordres über die im Spätsommer staktfindenden Corpsmanöver.
Für das sechstägige Corpsmanöver des elsaß-lothringischen (15.)
Armeecorps werden Bestimmungen getroffen, denen zufolge der Kaiser
am 14. September nach Straßburg reisen und daselbst für die ganze