Pos dentsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (April 30—Mai 1.) 127
ihre anderen Papiere (über Heimathberechtigung, Studiengang) stets der
Kirchenbehörde vorzulegen, das erstemal sofort, wenn sie im badischen Theile
der Diöcefe in der Seelsorge ständig thätig fein wollen. 3) Priester, welche nur
vorübergehend, aber zur Stellvertretung oder Aushülfe im badischen Theile
der Diöcese zur Verwendung kommen, haben der Kirchenbehörde vorzulegen
Zeugnisse über Ordination, seitherige Dienstleisnnng und Heimatberechtigung.
4) In allen diesen Fällen wird die Kirchenbehörde an der Hand der ihr
übergebenen Nachweisungen bei der großherzoglichen Regierung die erforder=
lichen Schritte thun, daß der Verwendung der Betreffenden im Kirchendienste
kein staatliches Hinderuiß im Wege stehe, bezw. die erforderliche Dispens
ertheilt werde. 5) Zur bloß gelegentlichen, bezw. zeitweisen Aushülfe seitens
der im Auslande, besonders an der Grenze, angestellten Priester genügt der
Auftrag des kirchlich bestellten Pfarrers oder Pfarrverwesers. Falls der
aushelfende Priester staatlich noch nicht als zugelassen erklärt ist, so hat der
parochus loci dem Ministerium des Inneren Anzeige zu machen unter An-
gabe von Namen, Wohni und sonstiger Dienststellung des Aushelfenden.
6) Um die Besehzung von Kirchenämtern mit den seit 1863 ordinirten Prie-
stern möglichst zu beschleunigen, werden die Fetheiligeen schließlich aufgefor-
dert, ihre Papiere baldmöglichst der Kirchenbehörde vorzulegen.
30. April. (Deutsches Reich.) Reichstag: genehmigt ein
Viehseuchengesetz in zweiter Berathung wesentlich nach der Vorlage
des Bundesraths.
Da der Reichstag seit Beginn der Session überhaupt schwach
besucht ist und schon wiederholt die Sitzung wegen Beschlußunfähig-
keit abgebrochen werden mußte, so bringt Völk einen Antrag auf
Herabsetzung der Beschlußfähigkeit des Reichstags ein, dem Virchow
einen Gegenantrag auf Einführung von Diäten für die Abgeord-
neten und das Recht, die Anwesenheit des Kanzlers zu verlangen,
entgegengestellt. Die Anträge kommen beide nicht mehr zur Ver-
handlung.
1. Mai. (Deutsches Reich.) Durch eine Uebereinkunft mit
der Schweiz wird der deutsch-schweizerische Handelsvertrag vom 13.
Mai 1869 vorläufig bis zum 30. Juni 1881 verlängert.
1. Mai. (Deutsches Reich.) Reichstag: Die Abgg. Wolff-
son, Möring und Richter interpelliren den Reichskanzler bezüglich
seines resp. Preußens Vorgehen gegen die Freihafenstellung Ham-
burgs. Der Unterstaatssecretär Scholz beantwortet die Interpella-
tion sofort im Namen des Reichskanzlers. Die daran geknüpfte
Debatte zeigt allerdings, was die Interpellanten beabsichtigen, daß
dieses Vorgehen im Reichstage von keiner Fraction, außer etwa von
den Conservativen, gebilligt wird.
Die Interpellation lautet: „Ist es richtig, daß die preußische
Regierung bei dem Bundesrath beantragt hat, die Einverleibung der Stadt