Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

Has deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 1—10.) 147 
muß. Bei der Abstimmung über Samoa war genau die Hälste r der Majo= 
rität dieser Versammlung vom Centrum gestellt, 64 von 128. Die Herren 
vom Centrum werden wissen, was sie dabei bezwecken und was sie dabei 
erreichen. Mein Gravamen, worauf ich nachher zurückkomme, wendet sich 
mehr gegen die Appendices des Centrums, die diesen Belagerungsthurm, 
welcher der Regierung ununterbrochen kampfbereit, angriffsbereit gegenüber- 
seeht, die dieses Passivum, mit dem unser parlamentarisches Vermögen be- 
bstet nst. dieses dee Gewicht bemuten. um binaufzuspringen, um von diesem 
— damit ich bei dem Bilde bleibe — den Manerbrecher gegen die 
Rozierung einufehen und, gestützt auf de„ Sneden mianrr des Centrums, 
die Regierung angreifen und gegen sie stimmen. Früher war es ja übli dh, 
daß in allen diesen Bestrebungen des Centrums — Centrum, Polen, # Fort- 
schritt war die Firma, gegen die wir zu kämpfen hatten, nenerdings ist dn 
nun noch die Firma des Freihandels hinzugetreten, und wir können in 
Sachen wie Samoa und anderen sagen; wir haben gegen uns Centrum, 
Fortschritt, Freihandel, der Freihandel reicht ja bis in die conservativen 
Parteien hinein (Große Heiterkeit), Gott sei Dank, nur in sehr geringem 
Maße — von allen diesen ist die Regierung stets sicher, daß alle ihre Vor- 
lagen abfällig beurtheilt und bekämpft werden. Zunächst also wende ich 
mich gegen diese Parteigruppirung und ihre Einwirkung auf die Entwicklung 
unferes Verfassungslebens. Das Centrum wird ja selbst wissen, warum es 
so handelt, und ich kann es mir wohl denken; ich kann nur Rechenschaft 
davon geben, welchen Eindruck das Verfahren der Centrumspartei mir seit 
dem vorigen Herbst gemacht hat oder vielmehr, wie es auf meine prartische 
Thätigkeit zurückgewirkt hat. — Im vorigen Jahre verließ ich den Reichs- 
tag mit der aufrichtigen Ueberzeugung, daß die Herren vom Centrum be- 
absichtigen, sich der Regierung zu nähern und zu einem Compromiß mit 
derjelben zu gelangen, nicht bloß über Schutzollfragen, sondern auch über 
Fragen, die hier nicht vorliegen, mit denen Sie ja in 14 Tagen, hoffte ich, 
im preußischen Landtage sich beschäftigen werden. Durch diese Wu%%nehmum 
fühlte ich mich ermuthigt, mit Vertrauen an die Verhandlungen mit der 
römischen Curie zu gehen; denn ich versprach mir damals wirklich ein Er- 
gebniß davon. Dieses mein Vertrauen zu Ergebnissen dieser Verhandlungen 
ist durch das inzwischen ausnahmslos im Landtage- und Reichstage vom 
Centrum beobachtete Verhalten erschüttert worden. Für mich liegt in dem 
Auftreten des Centrums gegen die deutsche resp. preußische Regierung eine 
Interpretation für die Intentionen des römischen Stuhls, ein Barometer 
für das, was wir von Nom schließlich zu erwarten haben. (Ohl Ohl|) — 
Meine Herren, unter Ihnen sind viele Priester; andere, ich glaube, die 
meisten von Ihnen sind unter priesterlichem Einfluß gewählt worden und 
werden unter demselben wieder gewählt werden, also Ihr „oh“ ist nicht 
ganz gerechtfertigt. Ich glaube, Sie sind doch alle in der Lage, auf die 
Meinung des Papstes Rücksicht zu nehmen, und wenn diejenigen Iutentionen 
vorhanden wären, auf die wir rechnen müssen, um Frieden zu machen, so 
hätten. Sie die Nolle nicht spielen können, die Sie im Landtag und Reichs- 
seit dem vorigen Herbst gespielt haben, sondern Sie würden dasjenige 
B#ehelten forkgeseyt haben, welches zu meiner Freude und zur Belebung 
meiner Fusesimigen im vorigen Sommer von Ihnen bekundet wurde. 
Indessen das ist Ihre „, Sie werden ja Ihre Politik treiben, wie Sie 
sie verstehen, und wir a schließlich unsere Nechnung machen so, wie 
die Diuge liegen. — Dann komme ich nun zu den andern Fractionen, die ich 
vorhin Appendices des Cenkrums nannte, die das Centrum für geschaffen 
halten, um unter seiner Deckung gelegentlich gegen die Regierung Ausfälle 
zu machen. Es ist danach bei der großen Macht des Centrums, bei der 
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