Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

172 Das denische Reich und seine rinzelnen Glieder. (Mai 26.) 
gegebenen Wünsche zu befriedigen. Die durch die Depesche des Kardinal- 
Staatssekretärs vom 14. ds. Mts. übermittelten Entschließungen Seiner 
Heiligkeit beklage ich und kann sie nur aus zu hoch gespaunten Zielen oder 
aus einem Mißverstehen der Sitnation erklären. Wir sind nicht in der 
Lage, in der Praxis ein weiteres Entgegenkommen zu üben, noch weniger 
die Abschaffung eines Gesetzes ohne den Landtag zu versprechen, selbst wenn 
wir dieselbe wollten; zu dem einen wie zu dem anderen ist die Zustimmung 
der gesehgebenden Fakkoren erforderlich. Angenommen, wir wären mit dem 
päpstlichen Süühle. zu einer ihn befriedigenden Verständigung gelangt, so 
würden wir doch das Zugesagte nicht eher leisten können, als bis der Land- 
tag es gebilligt hätte. Wenn die Kurie ihrerseits dagegen auftritt, daß die 
preußische Regierung sich die Mochtvolllommenhett verschaffen will, ihr mehr 
als bisher enlgegenkommen zu können, so habe ich dafür kein Verständniß; 
jedenfalls kann diese ablehnende Haltung auf das, was wir im eigenen Lamde 
zu thun haben, keine Wirkung üben. Wir müssen so regieren, wie die 
sehe es vorschreiben, und werden diejenigen Veränderungen derselben zu en 
reichen suchen, welche wir im Interesse unserer katholischen Mitbürger an- 
gezeigt und mit dem Wohle und den unveräußerlichen Rechten des Staates 
vereinbar finden. Die Art und Weise, wie dieses unser Entgegenkommen 
ausgenommen wird, muß uns den Eindruck machen, daß der Wille, mit uns 
zu einer Veriländigung zu gelangen, entweder nicht Ernst ist oder in seiner 
praklischen Bethätigung auf Hindernisse stößt; anderen Falles wäre es schwer, 
zu erklären, daß der Papst uns davon abrälh, einen Weg zu betreten, der 
dahin zu führen bestimmt ist, die Bischöfe und die regelmäßige, ausreichende 
Seelsorge riembringen, also das zu erfüllen, um was es dem Haupte der 
römischen Kirche zu thun sein muß und nach wiederholten Aeußerungen zu 
thun ist. Die Man wenn die preußische Regierung der katholischen 
Kirche keinen anderen Vortheil zugestehen wolle, als den, der in diskretionären 
Gewalten liege, so müsse die in dem Breve v. 24. Febr. ausgesprochene 
und gegen Euere Durchlaucht wiederholte Ankündigung als non-avenne 
betrachtet werden, rechtfertigt die Vorsicht, mit welcher wir jene Ankün- 
digung ausgenommen haben. Die ihr folgende Interpretation in der Depesche 
des Cardinals Nina v. 23. März hatte dieselbe bereits in Betreff der Zeit und 
des Umfanges der Erfüllung auf ein unbefriedigendes Maß beschränkt; *)qr# 
wird derselbe ein fach zurückgenommen. Mit derselben Leichtigkeit wür 
das zu jeder späteren Zeit haben geschehen können — wenn, wie der Cardinal= 
Einctsstkrekä., der Papst genöthigt sein würde, „a#c faire connaitre aus 
catholiques P’issuc des negociations.“ So sind auch wir nicht mehr in der 
Lage, die bisher von uns beobachtete Zurückhaltung fortmsehen, da der 
A,ng der Verhandlungen nur durch Veröffentlichung des ganzen Ver- 
laufs und aller Phasen derselben verständlich werden kann. Eurer Durch- 
laucht wird aus den öffentlichen Blättern bekannt sein, daß wir die in dem 
Etoatsminintriulbeschlu vom 17. März beabsichtigte Vorlage an den Land- 
tag gebracht haben. Wir werden unsere Absichten in der Gesetz- 
gebung zu verwirklichen suchen, ohne von der Kurie eine 
Gegenkonzession zu erhalten oder zu erwarten — lediglich im 
Interesse der katholischen Unterchanen Sr. Maj. des Königs. Wenn diese 
Bestrebungen der königlichen Regierung durch den Widerstand der päpstlichen 
Partei im Landtage zu Fall gebracht werden, oder wenn die Geistlichkeit von 
der ihr zu gewährenden Möglichkeik, die Seelsorge zu üben, keinen Gebrauch 
machen sollte, so können wir das nicht ändern, wissen uns aber auch für die 
Folgen nicht verantwortlich Eure Durchlaucht wollen sch gefälligst nach An- 
eitung dieses Erlasses gegen den Pronnntius ausspreche 
Folgendes ist eine Zusammenstellung der un der Regierung ver- 
  
 
	        
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