Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 28—31.). 175
von den Bischöfen, ein Wort auch nur der discrekesten Mahnung“, meint
er, würde der Opposition des Centrums ein Ende machen, und die Staats-
gewalt könnte und würde Rom dafür den Dank nicht schuldig bleiben, aber,
oso lange slatt dessen die Regierung in den Basen ihrer Existenz durch die
römisch-katholische Fraktion bekämpft wird, ist eine Nachgiebigkeit für die
erstere ganz unmöglich.“
28—29. Mai. (Preußen.) Abg.-Haus: Erste Lefung der
kirchenpolitischen Vorlage der Regierung. Der Cultusminister v. Putt-
kamer empfiehlt die Vorlage in allen ihren Forderungen, ohne jedoch
Modificationen von vornherein ganz auszuschließen. Nur die con-
fervative Partei spricht sich unbedingt für die Annahme der Vor-
lage, wie sie ist, aus; das ultramontane Centrum und die Fort-
schrittspartei lehnen sie ihrerseits unbedingt ab; die Freiconfervativen
und die Nationalliberalen sind in ihren Anschauungen getheilt: der
gewesene Cultusminister Falk ist für Ablehnung, Gneist für Modi-
ficationen. Schließlich wird die Vorlage an eine Commission von
21 Mitgliedern gewiesen.
31. Mai. (Preußen.) Abg.-Haus: bestellt die Commission
für die kirchenpolitische Vorlage überwiegend aus Freunden der Vor-
lage im Sinne der Regierung. Die Conservativen und das Cen-
trum sind darin unter 21 mit 11 Mitgliedern vertreten. Die Com-
mission constituirt sich sofort und bestellt das Präsidium, das Vice-
präsidium und die Schriftführung ausschließlich aus Conservativen
mit gänzlicher Uebergehung aller liberalen Elemente. Die Ultra-
montanen gehen dabei mit den Conservativen Hand in Hand, in-
dem sie dahin streben, die Regierung zu größeren Concessionen zu
drängen. Die Regierung dagegen hofft, daß die Ultramontanen
schließlich für die Vorlage stimmen würden, da sie sonst höchst wahr-
scheinlich verworfen werden würde.
— Mai. (Deutsches Reich.) Bundesrath: Mit dem In-
krafttreten der neuen Geschäftsordnung des Bundesraths hat die
Zahl der Plenarsitzungen stetig zugenommen, während die Ausschüsse,
nachdem sie die ihnen vorher überwiesenen Arbeiten erledigt haben,
fast ganz außer Thätigkeit getreten sind.
Die Zunahme der Plenarsihzungen, deren jeht wöchentlich mindestens
zwei stottsinden, während früher eine einzige Sihung ausreichte, fällt um so
mehr ins Gewicht, als die Zahl der Vorlagen, der Saison entsprechend,
verhältnißmäßig gering ist. Das Präsidium macht aber von der Bestimmung
über die erste Berathung der Vorlagen im Plenum einen so umfassenden
Gebrauch, daß den Ausschüssen fast nichts mehr übrig bleibt; selbst rein
technische Vorlagen, wie z. B. die Ausführungsbestimmungen zum Tabak-
steuergesetz, die Regulative für Transitlager von Holz und Getreide, werden
jeht in der Regel im Plenum durchberathen. Gegnerische Blätter bemerken