178 Das deuische Reich nnd seine rinzelnen Glieder. (Juni 1.)
Die Oste mündet etwa 20 Kilometer oberhalb Cuxhaven und etwa 7 Nilo=
meter unterhalb Brunsbüttel in die Elbe. Will man für deren erheblichen
Verkehr nicht die seitherigen Schwierigleiten beseitigen lassen — und dazu
würde jeder Grund fehlen —, so muß die Zolllinie unterhalb der Ol-
mündung gezogen werden, und es öreie dann nur die Linie Cuxhaven-Kaiser
Wilhelmskoog möglich. Das Fahrwasser liegt bei Cuxhaven auf der han-
növer'schen Seite und ist nur 3000 Meter breit, so daß es leicht übersehen
werden kann. Der übrige Theil des 16 Kilometer breiten Stromes ist wegen
der Sandbänke nicht passirbar. Die Verhällnisse liegen also hier für die
Handhabung der Zollcontrole günstig. Einwenden läßt sich nur, daß bei
nördlichen Stürmen Tage eintreten können, an denen wegen hochlaufender
See Fahrzeuge nicht gebordet werden können. Dem gegenüber ist indessen
zu bemerken, daß nördliche Stürme in Cuxhaven selten vorkommen und
eventuell besondere Maßregeln zur Sicherstellung des Zolles in einzelnen
Fällen zu ergreifen deein wirder. Es ist vie lach die Meinung verbreitet
worden, daß es in der Absicht liege, Hamburgs Freihafenstellung
und die dieser Handelsstadt •n Artikel 34 der Neichsverfassung gewähr-
leisteten Rejervatrechte dadurch zu bedrohen, daß bei Verlegung der deutschen
Zolllinie nach Cuxhaven ein ausgedehntes Zollabfertigungsverfahren für alle
aus der Nordsee eingehenden oder dorthin aus Hamburg abgehenden See-
schiffe eingerichtet werden solle. Dadurch werde dem Handel des Freihafen-
Vebiets eine so empfindliche Belästigung bereitet werden, daß Hamburg ge-
zwungen sein werde, auf eine Freihafenstellung zu verzichten. Diese An-
schauungen sind unbegründet. So wünschenswerth es im deutschen Reichs-
interesse sein mag, die Zollausnahmestellung #mburgs beseitigt zu sehen,
so wird die Reichsregierung doch stets das bestehende Verfaffungerocht achten
und auf die Entschließungen Hamburgs nur mit loyalen Mitteln hinwirken.
Der Verkehr der Seeichifffahrk aus der Nordsee nach Hamburg und umge-
kehrt wird daher nur solchen Zollformalitäten unterworfen werden, welche
ihm ohne nennenswerthe Belästigung die Verbindung #wischen der See und
dem Freihafengebiete offen erhalten werden. Es wird nicht schwer sein, die-
jenigen Formen zu finden, in welchen die Interessen der Zollverwaltung sich
mit denen des ungestörten Transitverkehrs auf der Unterelbe für Hamburg
werden in lebereinssimmun setzen lassen. Bei der Erfahrung, daß der
Großhandel und die mit ihm in Verbindung stehende Seeschiffahrt zum
Schmuggelverkehr auf der Elbe bisher keine Neigung gezeigt haben, während
auch der Bau und die Ladungsverhältnisse der Schiffe Dem entgegenstehen,
ist keineswegs zu befürchten, daß jene leichteren Zollformalitäten eine miß-
bräuchliche Benuhung finden könnten. Die an den Ufern der Elbe statio-
nirten Aussichtskräfte würden indeß zur Verhütung und eventuellen Ent-
deckung von Einschwärzungsversuchen theilweise beizubehalten sein, zumal
die Verkehrsbewegungen auf der Unterelbe nicht bloß durch die Transit-
schifffahrt, sondern auch durch solche Beziehungen gebildet werden, welche
von Hamburg wie von der Nordsee aus direct nach dem Zoll-Inlande gehen.
Es würde daher eines besonderen Beschlusses darüber bedürfen, daß die durch
die Beibehaltung der Zollaufsicht an den beiderseitigen Elbufern entstehenden
Verwaltungskosten auch künftig in der bisherigen Weise auf gemeinschaftliche
Rechnung getragen werden. Einer speciellen Festsehung bedürfen die Be-
ziehungen der neu zu bestimmenden Zolllinie zu Cuxhaven und dem ham-
burgischen Amt Nihebüttel. Die Ordnung dieser Verhältuisse wird den Aus-
führungsmodalitäten vorzubehalten sein.“
Der Bundesrath beschließt, die Vorlage ohne Verweisung an
die Ausschüsse demnächst im Plenum zu berathen. Die Verweisung