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Das dentsche Reich und seine einzelnen Glirder. (Juni 28.-Juli I1.) 197
eingestellter Staatsleisiungen kann, abgesehen von dem Falle des § 2 des
Gesetzes vom 22. April 1875, für den Umfang eines Sprengels durch Be-
schluß des Staatsministeriums angeordnet werden. Der Schlußsah des 8 6
desselben Geletes findet siungemäße Amendung. Art. 9. Den Strafbestim-
mungen der Gesetze vom 11. Mai 1873 und 21. Mai 1874 unterliegen
geistliche Antähandlungen nicht, welche von gesehmößig gugestelleen Geist-
lichen in erledigten oder in solchen Pfarreien, deren Inhaber an der Aus-
übung des Amites verhindert ist, vorgenommen werden, ohne dabei die Ab-
sicht zu belunden, dort ein geistliches Amt zu übernehmen. Die mit der
Stellvertretung oder Hilfeleistung in r. geistlichen Amle geseyzmäßig be-
auftragten Geistlichen gelten auch nach Erledigung dieses A ites als beiet-
Mmäßig angeslellte Geistliche im Sinne der Bestimmung im Abs. I. Ar
Die Minister des Innern und der geistlichen Angelegenheiten sind ermächtigt,
die Errichtung neuer Niederlassungen von Genoffenschaften, welche im Gebiele
der preußischen Monarchie gegenwärtig bestehen und sich ausschließlich der
Krankenpflege widmen, zu Sühmigend auch widerruflich zu gestatten, daß
gegenwärtig bestehende weibliche Genossenschaften, welche sich ausschließlich
der Krankenpflege widmen, die Pfl und Unterweisung von Kindern, die
sich noch nicht im schulpflichtigen Alter befinden, als Nebenthäligkeit über-
nehmen. Ne errichtete Niederlassungen unterliegen der Aufsicht des Staats
in Gemäßheit des § 3 im Gesetz vom 31. Mai 1875 (Ges.-Samml. S. 217)
und können durch königliche Vetorpnung ausgehoben“ werden. Der Kranken-
pflege im Ginne des Gesetzes vom 31. Mai 1875 ist die Plege und Unter-
weisung von Blinden, Tauben, Stummen und Idioten, sowie von gefallenen
Frauenspersonen gleichgestellt. Art. 12. Die Bestimmungen dieses Gesetzes,
mit Ausnahne der Art. 3, 9 u. 10, treten mit dem 1. Jannar 1882 außer
Wirksamkeit.“"“ Die Art i, 2, 4, 7 u. 11 der Vorlage sind gestrichen wor-
den. Das Gesetz hat dadurch freilich eine wunderliche Gestalt bekommen.
Es gilt als ganz sicher, daß das Herrenhaus das verstümmelte
Gesetz doch so, wie es ist, annehmen werde. Die Regierung darf es
nicht wagen, damit nochmals an das Abgeordnetenhaus zu gelangen:
die Gefahr läge zu nahe, daß es verworfen würde.
28. Juni. Die Conferenz der Großmächte in Berlin genehmigt
das Protokoll ihrer letzten Sitzung und damit definitiv die von ihr
beschlossene Grenze. Sodann wird eine identische Note hierüber re-
digirt und angenommen, welche in Konstantinopel und Athen mit-
getheilt werden soll.
29. Juni. (Deutsches Reich.) Der Reichskanzler verläßt
Berlin und geht auf seine Güter, zunächst nach Friedrichsruh.
1. Juli. Schlußsitzung der Conferenz der Großmächte in
Berlin behufs Lösung der türkisch -griechischen Grenzfrage. Die
Conferenz genehmigt den acte final, welcher die Beschlüsse derfelben
enthält, und die Collectivnote an die Türkei und Griechenland,
welche in Konstantinopel und in Athen je von dem Doyen des be-
treffenden diplomatischen Corps überreicht werden soll und in wel-
cher diefelben „eingeladen (inviter) werden, den Spruch (arbitrage)
der Mächte entgegen zu nehmen."“