Das deuische Reich und seine rinzelnen Glieder. (Juli 1.) 199
immer kein bestimmter Termin festgesetzt. Als unrichtig wird die Mit-
theilung bezeichnet, preußischerfeits seien die Regierungen dahin verständigt
worden, daß dem Reichskanzler an der Erledigung des Gulertarisgerges vor-
läufig nicht besonders gelegen sei. Eine andere Frage ist aber die: ob es
dem Reichskanzler gelingen wird, ein Gütertarifgeseh, wie er es wünscht, zu
Stande zu bringen. Und darüber begegnet man in Bundesrathskreisen den
verschiedenartigsten Anschauungen. Diejenigen Bundesstaaten, welche größere
Staatsbahnäste mit einer hohen Belastung ihrer Finanzen hergestellt haben
(Sachion, Württemberg und Baden), erklären sich entschieden gegen den Ent-
urf, weil er eine weitere Verminderung des Ertrags ihrer Bahnen herbei-
kehr droht
— ze. (Deutsches Reich.) Im Gegenfatz gegen alle
übrigen westdeutschen Handelskammern will die Handelskammer von
Dortmund die Idee der surtaxe Tentrepôt wenigstens nicht von
vornherein ablehnen, indem sie meint:
daß das Ziel der Surtaxe, die Loslösung des Landes vom inter-
nationalen Zwischenhandel, namentlich Englands, wünschenswerth, daß jedoch
derzeit der deutsche Großhandel am Rhein ebensowenig auf directe Ver-
mittelung unseres Bedarfs an Colonielprodneten eingerichtet sei, wie die
deutsche Handelsmarine: in erster Linie sei daher der Versuch gebolen, ob
nicht durch einen Handels= und Zollvertrag zu erreichen sei, daß die hollän-
dischen Häfen und Straßen nicht als Zollausland betrachtet würden. Wenn
dieß gelänge, würde sich die Einführung einer Surtaxe viel leichter und
mit geringerer Belastung des Handels und des Consums für die Ueber-
gangszeit vollziehen, ja vielleicht kaum mehr nöthig erscheinen. — Es ist jedoch
wohl wenig Aussicht vorhanden, daß ein derartiger Vertrag jemals mit
Holland abgeschlossen werden wir
— (Deutsches nen) Die Führer der Fortschrittspartei
scheinen sich großen Hoffnungen hinzugeben. In einem Aufruf an
die Parteigenossen liest man:
„Vorwärts! Die Fortschrittspartei hat im ersten Wahlgang Kassel
und Lübeck erobert, Stallupönen-Goldap-Darkehmen zurückgewonnen und sich
bei allen Ersahwahlen zum Reichstage und Landtage ausnahmslos in ihren
bisherigen Sitzen ohne engere Wahl siegreich behauptet. Zäh in der Ver-
theidigung und kräftig im Angriff ist die deutsche Fortschrittspartei jetzt
auf der ganzen Linie im Avanciren begristen u. f. f.“
— (Preußen.) In Altona ist allem Anschein nach die große
Mehrheit der Bevölkerung, namentlich des handeltreibenden Theils
derselben, noch immer entschieden gegen eine Trennung der Stadt
von Hamburg und seiner Freihafenstellung und gegen den Einschluß
der Unterille in das Zollgebiet.
Eine Wetition gegen den Zollanschluß und die Trennung von Ham-
burg hat in bloß 3 Tagen 10,000 Unterschriften gefunden, während eine
Dankadresse an den Reichskanzler es in 6 Wochen nur auf 1024 Namen
bringt und auch diese eigentlich nur für die der Stadt in Aussicht gestellte
birecke Eisenbahnverbindung dankt. Jett het aber auch das kgl. Kammer-
Collegium der Stadt eine Deukschrift über den Zollanschluß Altonas aus-
gearbeitet, in der es u. A. heißt: „Das Commerz-Collegium hat niemals