Das deuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 9—.14.) 203
9. Juli. (Hamburg.) Die Zollanschlußpartei macht vor-
erst ein vollständiges Fiasco.
einer von ihrem Comité veranstalteten Versammlung hatten sich
eine Stunde nach der jestgesetzten Zeit kaum hundert Personen eingefunden.
Ueber die Weise der vorhergegangenen Agitation theilt der Vorsiyende mit:
das Comité habe im Ganzen 1400 Mitgliederkarten an solche Personen ge-
sandt, von denen es angenommen habe, sie würden der Anschluß-Partei beir
treten. Wie viel wirkliche Mitglieder vorhanden, sei unbekannt, da die 2
sendungen meistens ohne Antwort blieben. Die Versammlung beginnt 8
endet mit dem Streit über die Frage, wer die Schuld an dem kläglichen
Fiasco trage, wobei Comité und Mitglieder sich gegenseitig der Lauheit be-
schuldigen. Schließlich wird die völlig resultatlose Versammlung auf unbe-
stimmte Zeit vertagt.
10. Juli. (Deutsches Neich.) Die Delegirtenversammlung
der rheinischen und süddeutschen Handelskammern in Mannheim
spricht sich nach einem einläßlichen Referat des Handelskammer-
secretärs Dr. Landgraf mit allen gegen bloß 3 Stimmen gegen die
Idee eiur artis Tientrepôt aus:
usch ichlaghölle irgend welcher Art sind für J cbeutsche Schifffart.
den beuun en Handel die deutsche Industrie — jeden doch für d
jenigen Theil derselben, der mit dem Rheinverkehr *r br indirect a-
seminenhänt —. * Mittel zur Schaffung einer nationalen Handelspolitik
ohnmachtig, für den deutschen Handel gefährlich, wenn nicht geradezu ver-
derblich. Die für den endlicher Ruhe bedürftigen deutschen Handel nach der
Zolltarifreform des. Vorjahres unbedingt gebotene Stabilität der wirthschaft-
lichen Verhältnisse bedingt dringend die Abweisung aller uf Zuschlagszölle
gerichteten, auch noch so gut gemeinten Vorschläge. 2) Die Delegirten-Ber-
sammlung wählt eine Commission, welche die Frage der Zuschlagszölle fort-
während im Ange behält, um sofort die enlsprechenden Schritte bei den
deutschen Reichsbehörden vorzutehren, wenn die Gefahr einer dießbezüglichen
Gesetzesvorlage nahe treten sollie.“
14. Juli. (Preußen.) Das neue kirchenpolitische Gesetz er-
hält die allerhöchste Sanction.
Mitte Juli. (Preußen.) Der Gegensatz der verschiedenen
Nationalitäten im Nordschleswigschen hat nachgerade erheblich an
Schärfe verloren.
Einzelne von den dänischen Führern noch versuchte Demonstrationen
finden nicht mehr den früheren Anklang. Es zeigt sich vielmehr bei ver-
schiedenen Anlässen ein Zusammengehen von Mitgliedern beider Parteien,
wie ein solches früher nicht denkbar gewesen wäre. So trat auf Anregung
des Haderslebener Handwerkervereins im zweiten Quartal d. J. zum Zwecke
der Errichtung von Schristlichen Herbergen zur Heimath= in der Stadt
Hadersleben ein Comité zusammen, welches unter dem Vorsitz des Landraths
aus vier deutschen und vier däuischen Mitgliedern besteht. In Sonderburg
ferner fand eine landwirthschaftliche Ausstellung für das nördliche Schleswig
statt, an der auch deutsche Landwirthe sich betheiligten. Zu dem aus Anlaß
dieser Ausstellung veranstalteten Fest waren der Landrath und andere Beamte
eingeladen, und es führte dieser Umstand, der in früheren Jahren lediglich
als Agitationsmittel gedient haben würde, zur Annäherung der Parteien.