Allgemeine Ehronik. 21
23. Juni. [Rußland.] Ein kaiserlicher Ukas führt die russische Institu-
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tion der Friedensrichter auch in den Ostseeprovingen ein.
(Deuisches Reich: Prenßen) Das Abgeordnetenhaus lehnt in der
zweiten Lesung die kirchenpolitische Vorlage zum Theil ab und nimmt
sie zum Theil an, so daß das Resultat weder für die Regierung, noch
für die Ultramontanen, noch für die Liberalen annehmbar erscheint.
Bennigsen schließt darauf mit den Eruservativen. und Freiconserva-
tiven ein Compromiß ab, um ihr in der dritten Lesung eine wenig-
stens halbwegs annehmbare Form zu sichern.
„ (chrsterreich-Augarn: Oesterreich.) Der böhmische Landtag lehnt die
Wahlreformvorlage der Regierung mit 135 deutschen gegen 79 cze-
chische Stimmen einfach ab.
LOesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Die noch liberal und deutsch ge-
sinnten Minister Stremayr, Horst und Korb-Waidenheim treten zurück
und werden im Sinne der föderalislischen Mehlheit des Abgeordneten=
haufes, erset: Der Pole Dunajewski wird Finanzminister. Im Ca-
inet ist nunmehr kein einziges liberal und deutsch gesinntes Mit-
glied mehr.
„ (entsches Reich: Preußen.] Dritte Lefung der kirchenpolitischen Vor-
lage im Abgeordnetenhaus. Der Bennigsen'sche Compromiß driug
nur zur Hälfte durch und selbst das verstümmelte Gesetz wird als
Ganzes nur mit 206 gegen 204 Stimmen angenommen.
[Oestereich-Ungarn — Serbien.] Fürst Milan von Serbien
besucht Wien und den österreichischen Kaiserhof.
„ I(Frankreich.] Der Senat bestätigt die von der Kammer beschlof-
zun Abschaffung der Militärgeistlichen mit 175 gegen 100 Stimmen.
(2 eleien. Die Regierung bricht allen Verkehr mit dem päpstlichen
Nuntius Vanntelli ab und schickt demselben seine Pässe zu.
„ (Frankreich] verwandelt das Protectorat über Tahiti in eine förm-
liche Annexion.
Lrantreich.) Die Ordenshäuser der Jesuiten werden von der Re-
gierung in ganz Funktreich geschlossen. Der Widerstand ist nur ein
sormeller und geht lediglich von einem Theil. der höhern Classen aus,
die Massen sehen ziemlich gleichgiltig zu. Die Jesuitenschulen dürfen
noch bis Ende des Schulfahres fortdauern, sollen dann aber auch ge-
schlossen werden. Die Jesuiten klagen bei den Gerichten, die Regie-
rung ruft den Competenzgerichtshof an.
„ Ipforie — Montenegro.] Die Mächte schlagen der Pforte die Ab-
trelung von Dulcigno mit einem schmalen Streifen Landes bis zur
Bojana-Mündung an Montenegro vor.
lrankreich.) Der Pariser Gemeinderath beräth über eine neue
Municipalverfaffung, welche der Stadt eine ganz autonome Stellung
innerhalb der Republik geben würde und im Grunde alle Forderungen
der Commune von 1871 ernenert.
„ (Großbriklannien: Südafrika.] Der Plau einer großen sübeseikang=
schen Conföderation muß als gescheitert angesehen werden, indem
Vertreter der einzelnen südafrikanischen Kammern nach vierkagiger
Berathung in Laptown denselben einfach durch Zuruf ohne Abstim-
mung verwerfen.
1. Juli. [Dforlt Griechenlaud.] Die Berliner Conferenz der Großmächte