Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

218 Taos deulsche Reich und seine einzeluen Glieder. (Sept. 8 —12.) 
und die ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Congregationen, 
sowie die dießfälligen Ausführungsverordnungen des Bundesrathes 
im eintretenden Falle selbstredend unverkürzt zur Anwendung ge- 
langen werden. 
8. September. (Deutsches Reich.) Eine zahlreiche Ver- 
sammlung ultramontaner Katholiken in Köln beschließt unter dem 
Vorsitze des preußischen Landtagsabgeordneten Fuchs, die Erwartung 
auszusprechen, daß die katholischen Bürger Kölns an dem von dem 
Metropolitan-Domcapitel angeordneten Dankgottesdienst eifrig sich 
betheiligen werden, erkennt jedoch im Uebrigen in einer „würdigen 
Zurückhaltung" das den Katholiken durch die Umstände auferlegte 
Verhalten. 
9. September. (Deutsches Reich.) Deutscher Juristentag 
in Leipzig. Von seinen Beschlüssen ist namentlich das einstimmige, 
auch von den amwesenden Mitgliedern des obersten Reichsgerichtes 
gebilligte Votum gegen die Beschränkung der allgemeinen Wechsel- 
fähigkeit bedentsam. Gegen eine Veschränkung haben sich mit nur 
sehr vereinzelten Ausnahmen alle die vielen um ein Gutachten an- 
gegangenen Corporationen und Behörden ausgesprochen, so daß der 
auf Beschränkung abzielende Antrag des Grafen Wilhelm v. Bis- 
marck, für den ein so gewaltiger Apparat in Bewegung gesetzt wurde, 
keine Aussicht auf Erfolg hat. 
12. September. (Deutsches Reich.) Der österreichische Kron- 
prinz Rudolf besucht die kaiserliche Familie in Berlin. Entgegen 
der sonstigen strengen Hofetiquette wird derselbe vom Kaiser selbst. 
dem Kronprinzen und mehreren anderen preußischen Prinzen am 
Bahnhofe empfangen und vom Kaiser selbst in das kgl. Schloß 
geleitet. 
12. September. (Deutsches Reich.) Altkatholiken-Congreß 
in Baden-Baden. Derselbe beschließt bezüglich des Verhältnisses 
der Kirche zur Wissenschaft und Cultur einstimmig folgende Re- 
folutionen: 
„1) Ein wirklicher Widerspruch zwischen dem auf den Zeugenbeweis 
der Geschichte gestützten Glauben an die Grundwahrheiten des Christenthums 
und der auf die unmittelbaren Thatsachen der Natur und des Geistes ge- 
ründeten Wissenschaft ist nicht möglich. Beide schüßen, fördern und er- 
gänzen einander. 2) Die Selbständigkeit der Nationalkirchen steht ebenso 
im Einklang mit dem universalen Character der Kirche wie die nationalen 
Eigenthümlichleiten in Staat, Kunst und Wissenschaft mit der allgemeinen 
Aufgabe der Cultur. 3) Es ist ein unheilvoller Irrthum vieler Protestanten, 
in der Kirche, welche die Anhänger des Vaticanums als die allein richtige 
auerkennen müssen, den Hort des Glaubens, einen Halt für die Antorität in
	        
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