298 Die Oesterteichisch-Ungarische Monarchit. (April 27.)
nung über den Gebrauch der Landessprachen in Vöhmen und Mähren
im Verkehr mit den politischen, gerichtlichen und Staatscameral=
behörden im Lande, mit Parteien und mit den autonomen Organen.
Dieselbe lautet:
§ 1. Die politischen Gerichts= und staatsanwaltschaftlichen Behörden
im Lande sind verpflichtet, die an die Parleien über mündliche Anbringen
vder schriftliche Eingaben ergehenden Erledigungen in jeuer der beiden
Landessprachen auszufertigen, in welcher die mündlichen Anbringen vorge-
bracht wurden oder die Eingabe abgefaßt ist. § 2. Protokollarische Er-
klärungen der Parteien sind in jener der beiden Landessprachen aufzunehmen,
in welcher die Erklärung abgegeben wird. § 3. Urkunden oder andere
Schriftstücke, welche in einer der beiden Landessprachen abgefaßt und als
Beilagen, Behelfe oder sonst zum amtlichen Gebrauch beigebracht werden,
bedürfen keiner Uebersezung. § 4. Die nicht über Einschreiten der Parteien
erfolgenden behördlichen Weertigungen haben in jener der beiden Landes-
sprachen zu erfolgen, die von der Perion gꝛ welche die Ausfertigung ge-
richtet werden soll, gesprochen wird. Ist diese Sprache, deren sich die Partei
bedient, nicht bekannt oder ist sie keine der bien Landessprachen, so ist jene
der Landessprachen zu gebrauchen, deren Verständniß nach Beschaffenheit des
Falles wie insbesondere nach dem Aufenthalte der Partei vorausgesetzt werden
kann. § 5. Die Bestimmungen der §§ 1—4 gelten auch rücküchtlich der
Gemeinden in jenen Angelegenheiten, in denen sie als Partei anguschen sind.
§ 6. Alle amtlichen Bekanntwachungen, welche zur allgemeinen Kenntniß
im Lande beslimmt sind, haben in beiden Landessprachen zu ergehen; lediglich
für einzelne Bezirke oder Gemeinden bestimmte amtliche Bekanntmachungen
haben in den Landessprachen zu erfolgen, welche in den betreffenden Bezirken
vder Gemeinden üblich sind. § 7. Aussagen von Zeugen sind in jener
Landessprache aufzunehmen, in welcher dieselben abgegeben werden. § 8. In
strafgerichtlichen Angelegenheiten sind die Anklageschrift, sowie überhaupt die
dem Angeschuldigten zuzustellenden Anträge, Erkenntnisse und Beschlüsse für
denselben in jener der beiden Landessprachen auszufertigen, deren er sich be-
dient hat. In dieser Sprache ist auch die Hauytverhandlung zu pflegen und
sind in derselben insbesondere die Vorkräge des Staatsamvalts und des Ver-
theidigers zu halten und die Erkenntnisse und Beschlüsse zu verkünden. Von
den Beslimmungen des vorstehenden Absatzes darf nur insofern abgegangen
werden, als dieselben mit Rücksicht auf ausnahmsweise Verhältnisse, insbe-
sondere mit Rücksicht auf die Zufammensehung der Geschwornenbank, unaus-
führbar sind, oder der Angeschuldigte selbst den Gebrauch der anderen Landes-
sprache begehrt. Bei Hauptverhandlungen gegen mehrere Angeschuldigte,
welche sich nicht derfelben Landessprache bedienen, ist die Hauptverhandlung
in jener Landessprache abzuhalten, Wilche das Gericht für den Zweck der
Hauptverhandlung entsprechender erachtet. In allen Fällen sind die Aus-
sagen der Angeschuldigten und der Zeugen in der von ihnen gebrauchten
Landessprache ausimnepmen und die Erkenntuisse und Beschlüsse jedem An-
geschuldigten in dieser Sprache zu verkünden und auf Verlangen auszufertigen.
§ 9. In bürgerlichen Rechtsstreiten ist das Erkenntuiß sammt Gründen in
jener Landessprache auszufertigen, in welcher der Rechtsstreit verhandelt
wurde; haben sich die Parteien nicht derjelben Landessprache bedient, so hat,
falls dicht ein Einverständniß vorliegt, daß das Erkenntniß sammt Gründen
nur in einer der Landessprachen ausgeiertigt werden soll, die Ausfertigung
in beiden Landessprachen zu erfolgen. § 10. e Eintragungen in die
öffentlichen Bücher: Landtafel, Bergbuch, Slondzn, Wasserbuch u. s. w.,