Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

Die Gesterreichisch-Ungarische Monarchie. (Mai 4.—12.) 301 
für Oesterreich-lingarn sein würde. Gestalten Sie mir, sofort Ew. Excellenz 
die Erklärung abzugeben, daß, wenn ich im Besitz einer solchen Versicherung 
gewesen wäre, wie die, welche ich jehzt entgegen zu nehmen im Stande war, 
ich niemals irgend eines der Worle geäußert haben würde, die Ew. Excellenz 
mit Recht als peinlicher und verleyender Natur bezeichnen.“ 
4. Mai. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Die gegenwärtige 
Majorität desselben streicht bezeichnender Weise die für den deutschen 
Garnisonsunterricht in Dalmatien in das Budget für 1880 einge- 
stellten 2000 fl. 
5. Mai. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Der Juslizminister 
v. Stremayr beantwortet eine Interpellation der Linken bezüglich 
des sog. Sprachenzwangsgefetzes vom 27. April. Die deutsche Partei 
ist mit der Antwort ganz und gar nicht zufrieden und beantragt 
daher, daß an die Antwort eine Debatte geknüpft werde. Die 
Rechte verweigert es mit geringer Majorität. Die Linke sieht darin 
eine Vergewaltigung, die sie sehr erbittert. 
10. Mai. (Oesterreich.) Abg.-Haus: erklärt mit 163 gegen 
159 Stimmen, also mit einer Mehrheit von nur 4 Stimmen, 3 zu 
Gunsten der Verfassungspartei ausgefallene Wahlen im oberöster- 
reichischen Großgrundbesitz für ungiltig. Die Minderheit hält die 
dafür vorgebrachten Gründe für durchaus rabulistisch und den Be- 
schluß für eine Gewaltthätigkeit der Rechten. 
Herbst beantragt, zur Prüfung der Antwort des Justizministers 
auf die Interpellation betr. die Sprachenverordnung für Böhmen 
einen Ausschuß von 14 Mitgliedern einzusetzen und Graf Wurm- 
brand, die deutsche Sprache verfassungsmäßig zur Reichssprache zu 
erklären. 
12. Mai. (Oesterreich.) Abg.-Haus: genehmigt die provi- 
sorische Handelsconvention mit Deutschland und ermächtigt die Re- 
gierung, den sogen. Veredlungsverkehr mit demselben bis zum 30. 
Juni 1881 auf dem Verordnungswege zu regeln. 
In der Debatte wird der von Seite Deutschlands durch das Verbot 
der Rohleineneinfuhr und von Seite Oesterreichs durch die beabsichtigte Er- 
schwerung resp. Verhinderung des sog. Veredelungsverkehrs eingeleitete Zoll- 
krieg zwischen den beiden verbündeten Regierungen von einer Reihe deutscher 
Abgeordneter nachdrücklich beklagt. Handelsminister Korb-Weidenheim: 
Dem von Vernichtung bedrohten Rohleinenverkehr steht das Appreturver- 
fahren gegenüber. Was die Regierung zu thun gedenkt? Der Vernichtung 
des Rohleinenverkehrs durch vollständige Beseitigung des Appreturverfahrens 
begegnen; eine andere Art der Compensation gibt es nicht. v. Plener: 
Der Minister irre, wenn er glaube, daß in der Druckindustrie eine Compen= 
sation gefunden werden würde für die verlorene Rohleinen-Industrie. Zur 
Errichtung von Druckereien gehörten große Capitalien, die sich nicht so leicht 
finden ließen. Wenn der Zollkrieg noch 5— 6 Jahre dauere, dann werde
	        
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