Die Oeslerreichisch-Angarische Monarchie. (Jnni 5—24.) 307
den Streit der Parteien herabgezogen wurde.“ Characteristisch ist, daß in
lehterer Beziehung auch die ungarischen Blätter sich sehr scharf gegen die
Naiserreise wenden.
5. Juni. (Oesterreich.) Eröffnung der 17 Landlage. Die
Eröffnungsreden sind überall farblos. Dennoch gibt man sich darüber
keinen Täuschungen hin, daß es namentlich in Böhmen und Mäh-
ren im Laufe der Verhandlungen zu heftigen Meinungsverschieden-
heiten und Auseinandersetzungen kommen werde.
Im Salzburger Landtage, wo sich die verfassungstreue Partei den
Clericalen gegenüber in der Minderheit befindet, geht schon die Eröffnungs-
feierlichkeit nicht ohne eine demonstrative Scene vor sich. Die clericale Mehr-
heit beabsichtigt nämlich, die Wahlordnung zu ihren Gunsten abzuändern,
wozu sie zwei Drittel der gesammten Stimmen bedürfte. Nun verfügt sie
aber knapp über diese Stimmenzahl; die Ernennung eines Landeshauptmann-
Stellvertreters würde sie einer Stimme beranben, weßthalb sie sich derselben
widerseht. Die Verfassungspartei ihrerseits besteht jedoch auf der im Gesetze
begründeten Ernennung und verläßt, da dieselbe nicht erfolgt, demonstrativ
den Saal
6. Juni. (Oesterreich: Böhmen.) Landtag: Die Regierung
legt demselben eine neue Landtagswahlordnung vor, die von einem
einläßlichen Motivenbericht begleitet ist. Der Sinn derselben läuft
darauf hinaus, daß die Deutschen in die Minorität herabgedrückt,
die Mehrheit aber auch nicht den Czechen ausgeliefert, sondern die
Entscheidung dem Feudaladel in die Hand gelegt werden soll, dessen
Vertretung deßhalb geradezu verdoppelt werden soll. Vorerst wird
die Vorlage an eine Commission gewiesen.
Die Czechen sind von dem Elaborat lange nicht befriedigt, von den
Deutschen aber, die z. Z. noch die Majorität des Landtags in den Händen ha-
ben, steht zum vorans fest, daß sie die Borlage rund und nelt ablehnen werden-
Man spricht daher bereits von einer eventuellen Auflösung des Landtags
seitens der Regierung. Allein, auch wenn der böhmische Landtag aufgelöst
wird und unter dem Hochdrucke der Regierung eine czechische Majorität zu
Stande kommt, steht es bei den deutschen Abgeordneten, durch Absentirung
aus dem Landiage jeden Beschluß über die Wahlordnung zu vereiteln, weil
ohne sie die zu einem derartigen Beschlusse nöthige Angahl von Abgeorbneten
nicht vorhanden ist.
14. Juni. (Oesterreich: Tyrol.) Landtag: Die drei Bischöfe
von Salzburg, Brixen und Trient bringen einen Protest gegen die
erfolgte Bildung zweier protestantischer Gemeinden in Innsbruck
und Meran zur Verlesung. Die Kirchenfürsten erblicken in dieser
Thatsache eine Gefährdung der Perle Tyrols, der Glaubenseinheit.
22. Juni. (Ungarn: Croatien.) Landtag: nimmt den neuen
Ausgleich mit Ungarn mit 65 gegen 13 Stimmen an.
24. Juni. (Oesterreich: Böhmen.) Die Ergänzungswahlen
zum Landtag aus dem nicht-fideicommissarischen Großgrundbesitz fallen
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