Die Gesterreichisch-Angarische Monarchie. (Juli 13—18.) 311
mit dem warmen Wunsche schließt, daß die Wege der verschiedenen Schattir-
ungen der Verfassungspartei nie auseinanderführen mögen; des Fürsten
Schönburg, der sein Glas auf die Einigkeit der Verfassungspartei erhebt;
Herbsts, welcher in innigen Worten die Reichstreue des deutschen Volkes in
Böhmen uno dessen unwandelbare Anhänglichkeit an die große und einige
Verfassungspartei preist, machen großen Eindruck.
13. Juli. (Oesterreich.) Das Reichsgericht trifft bezüglich
der brennenden Sprachenfrage eine Entscheidung von weittragender
Vedeutung.
Dasselbe erkennt, doß durch das Unterrichtsministerium — indem
dieses dem galizischen zundechulran Recht gegeben, welcher für zwei von
der deutschen Bevölkerung dt Brody für nothwendig erachtete neue
Volksschulen die polntsch. St als Unterrichtssprache erklärte -##eine.
Verleyzung des Art. 19 des Staatsgrundgesehes stattgefunden habe. Das
Urtheil des Neichsgerichts schließt selbstwerständlich jede weitere Controverse
über die vielbesprochene Sprachenfrage aus, zumal das Reichsgericht in seinen
Erkenntnißgründen die Berufung auf die Landesgesehe nicht gelten läßt, weil
dieselben nur innerhalb der Gränzen des Staaksgrundgesetzes wirksam sein
können. Damit ist auch den czechischen Veriuchen, durch ihr Idiom die
dentsche Sprache in Böhmen zu verdrängen, jeder Boden entzogen. Es ist
besonders von höchster Wichligkeit, daß es nach der Entscheidung des Reichs-
gerichts genügt, wenn eine Sprache in einzelnen Bezirken gesprochen wird,
um als „landesübliche“ Sprache angesehrn zu werden. Freilich werden sich
in jenen Kronländern, in welchen es vier bis fünf in diesem Sinne landes-
übliche Sprachen gibt, manche Schwierigkeiten bieten. Die Hauptsache ist
indessen, daß der dentschen Sprache der Character einer landesüblichen Sprache
kaum irgendwo mehr wird bestritlen werden können. Auf eine um jo leb-
haftere Agitation! der streitenden Parteien wird man sich allerdings s gefaßt
machen müssen. Die durch Gründung des deutschen Schulvereins eingeleitete
Bewegung gewinnt in allen Theilen der Monarchie an Umfang, und wenn
bereits von czechischer Seite gedroht wird, daß die erste Schule, deren Grün-
dung in einer czechischen Sladt seitens des deutschen Schulvereins versucht
werden sollle, das Signal jür den „Kampf bis aufs Messer“ sein werde, so
wird dieß wohl nicht buchlihwlich zu nehmen sein. Wenn die Deulschen mit
ihrem Geld Schulen für ihre Kinder errichten, werden sie auch den gesehlichen
Schuß gegen die Ansführung solcher Drohungen finden.
Mitte Juli. (Oesterreich: Böhmen.) Das Prager Ober-
landesgericht stellt sich entschieden auf Seite der Czechen, indem es
consequent für die Annahme czechischer Eingaben seitens der deutschen
Gerichte in Böhmen entscheidet und auch die Erledigung der Klagen
in czechischer Sprache verfügt, selbst in rein deutschen Städten, wo
sich vielleicht nur ein paar Czechen aufhalten, die zudem gar wohl
deutsch verstehen, aber von ihrem neuen Rechte Gebrauch machen.
18. Juli. (Oesterreich.) Großes Bundesschießen des öster-
reichischen Schützenbundes in Wien. Obgleich der Bund ganz Oester-
reich umfaßt, so gestaltet sich das Fest doch alsbald ganz von felbst
zu einem überwiegend deutschen. Politik und politische Polemik