Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

354 Graßbritlanuien. (Mai 24— Juni 7.) 
weniger auerkannt, würde es ihm Pflicht gewesen sein, ein Document zu 
ghten welches völkerrechtliche Bedeutnug erlangt habe. In der Ernennung 
Mr. Goschen's oder einem Drucke auf die Pforte liege nichts Ungewöhnliches; 
was die Anwendung von Gewalt betreffe, so sei sich die Megierung der Ver- 
antwortlichkeit und ernsten Resultate einer folchen Idee wohl bewußt. Lord 
Granville habe ein Rundschreiben an die Mächte gerichtet, in welchem er 
die Nothwendigkeit der Einlösung der znansgeführt gebliebenen Theile des 
Berliner Vertrages betont habe, insbesondere bezüglich der dringenden grie- 
chischen und montenegrinischen Grenzfragen. Mr. Goschen werde am Besten 
in der Lage sein, der türkischen Regierung den Irrthum zu benehmen, daß 
Großbritannien ein besonderes und getrenntes Interesse an der Erhaltung 
derselben besiye, und daß sie unter allen Umständen auf englische Unter- 
stühung rechnen dürfe; gleichzeitig werde er betonen können, daß England 
nichts mit der Souveränetät der Pforte in Asien zu schaffen zu haben 
wünsche. — Die Nichterneuerung der sog. Friedensbewahrungs-Acte für Ir- 
land wird von der Opposition für sehr voreilig und bedenklich erklärt, die 
Regierung gibt sich aber der sicheren Hoffnung hin, daß sie derfelben nicht 
bedürfe, um die Ordnung in Irland aufrecht zu halten. — Die Angelegen- 
heit des Transvaallandes wird kaum gestreift. Doch verdient bemerkt 
zu werden, daß Hr. Gladstone in seinen Wahlreden dieselbe als eine Gewalt- 
that scharf verurtheilt hat. Jetzt, zur Regierung gekommen, will er sie nach 
der Thronrede dennoch aufrecht erhalten. 
24. Mai. Unterhaus: Angelegenheit Bradlaugh: ein Antrag 
Sir M. Drummond Wolff's, Bradlaugh auszuschließen, wird mit 
einer Mehrheit von 75 Stimmen abgelehnt und auf Gladstone's 
Antrag beschlossen, einen neuen Sonderausschuß über die Frage 
niederzusetzen. Bradlaugh verlangt jetzt, zum Eide zugelassen zu 
werden, wofern ihm nicht bewilligt werde, statt des Eides eine bloße 
Erklärung abzugeben. 
27. Mai. (Afghanistan.) Die brittische Mission an 
Abdurrhaman Chan bietet demselben die Emirwürde an. Ab- 
durrhaman behält sich die Antwort vor. 
7. Juni. Unterhaus: Die Regierung kündigt demselben an, 
sie werde in der nächsten Session die Abschaffung der Prügelstrafe 
in der Armec und auf der Flotte beantragen. — Bezüglich Afgha- 
nistan erklärt Lord Hartington: 
die Regierung beabsichtige an erster Stelle, die militärische Operation 
zu beendigen, unbeschadet der Sicherung der Vorräthe und Communicationen. 
Solange es zu letzterem Zwecke nothwendig, sei das Verbleiben der britti- 
schen Truppen in Afghanistan nothwendig. Das zweite Ziel sei, etwas 
wie eine stabile Regierung in Asghanistan zurückzulassen, wenn das Haupt- 
corps der brittischen Truppen sich zurückziehe, was hoffentlich in nächstem 
Herot geschehen werde. Die Unterhandlungen hiezu seien im Gange. In 
Betreff der Kandaharfrage wolle die Regierung zwar die die Landesehre 
verdulitenten Engagements des vorigen Cabinets respectiren, könne aber 
eine permanente Besetzung Kandahars durch eine große Streitmacht nicht 
für vortheilhaft erachten. Auch die Frage der in Folge des Gandamakver= 
trags zu besetzenden Grengstellungen, welche eine bedeutende Vermehrung der
	        
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