Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

370 Fraubreich. (Jan. 17—21.) 
Versöhnung geführt haben, Sie mit gutem Rechte sagen können und das 
allgemeine Stimmrecht nachher es wiederholen wird: daß die Zeit gut au- 
gewendet war und daß Sie sich um das Land wohl verdient gemacht haben!“ 
Die Orgaue der beiden maßgebenden Fractionen der Kammer, der 
republicanischen Linken und des republicanischen Vereins, stimmen der mini- 
steriellen Erklärung zu. Die Organe des linken Centrums äußern sich nur 
bedingungsweise günstig, die radicalen vollständig ablehnend. Der im Pu- 
blikum erzielte Eindruck ist ein entschieden günstiger. 
17. Januar. Kammer: beschließt nach dem Antrage des De- 
putirten Duraux und unter Zustimmung des Kriegsministers mit 
342 gegen 111 Stimmen, die im Jahre 1874 eingeführte Feld- 
geistlichkeit wieder abzuschaffen. 
19—20. Januar. Kammer: genehmigt mit 323 gegen 132 
Stimmen einen Gesetzentwurf, nach welchem höhere Döchterschulen 
auf Staatskosten errichtet werden sollen, an denen jede religiöse 
Erziehung ausgeschlossen bleibt und für welche eine Anzahl Sti- 
pendien ausgesetzt wird. Die Schulen sollen zunächst im Princip 
Externate sein, auf den Antrag der Gemeinderäthe aber auch zu 
Internaten eingerichtet werden können. Zugleich soll eine Baukasse 
für Schulen mit einer Dotation von 200 Mill. Frs., die durch 
den Verkauf entbehrlicher Staatsdomänen aufzubringen sind, ge- 
gründet werden. 
20. Januar. Kammer: Der Justizminister Cazot legt ihr 
einen Gesetzentwurf betr. Herabsetzung des Personals des Richter- 
standes vor. 
Sowohl die Zahl der Gerichte als die Zahl ihrer Mitglieder soll 
vermindert werden. Der Zweck des Gesetzentwurfs ist eingestandenermaßen die 
Absicht, eine Anzahl mißliebiger Richter beseitigen zu können, ohne an das 
Princip der Unabsehbarkeit der Richter zu rühren. Doch soll es schonend 
eschehen, weßhalb darin die Bestimmung vorgeschlagen wird: „Die richter- 
ichen Beamten, welche in der neuen Organisation keinen Platz finden, be- 
ziehen ihren Gehalt fort, bis sie wieder angestellt oder in Kariner, we 
versehzt sind.“ 
21. Jannar. Kammer: Der Unterrichtsminister Ferry bringt 
eine Vorlage ein, durch welche der Besuch der Volksschule obliga- 
torisch gemacht werden soll. 
Der Haupt--Inhalt der Vorlage ist aus folgender Skizze ersichtlich 
„Der Elementarunterricht ist für die Kinder beider Geschlechter von 6 bis 13 
Jahren obligatorisch. In jeder Gemeinde wacht eine Schulcommission, be- 
stehend ans dem Maire, dem Schulinspector, dem Schullehrer und drei vom 
Gemeinderathe bestimmten Familienvätern, über den Schulbesuch. Für jeden 
Zögling, der mehr als viermal im Monate gefehlt hat, muß der Lehrer die 
Gründe seines Ausbleibens beisügen. Wenn ein Schulkind im Laufe eines 
Monats viermal ohne genügenden Grund gefehlt hat, wird der Vater oder 
Vormund vor die Schulcommission geladen, die ihm seine Pflichten klar 
macht. Im ersten Rückfalle wird sein Name, Vorname und Stand an der 
  
 
	        
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