Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

Frankreich. (Dec. 20 —Ende.) 407 
20. December. Senat: gibt der Kammer bezüglich der Budget- 
differenz im Ansatz der Gehalte der Bischöfe nach, so daß nunmehr 
über das gesammte Ausgabebudget Uebereinstimmung beider Kam- 
mern hergestellt ist. 
24. December. Kammer: erledigt das zweite Volksschulgesetz 
Ferry bezüglich obligatorischen und confessionslosen Unterricht. Der 
Schulzwang in § 1 wird genehmigt, dagegen § 2 mit dem Princip 
der Confessionslosigkeit wird verworfen. Di= Regierung begnügt 
sich damit, daß in § 1 die Religion unter den obligatorischen Lehr- 
gegenständen nicht aufgezählt ist, also indirect ausgeschlossen sei. 
Das Ganze wird mit 329 gegen 134 Stimmen angenommen. 
24. December. Die Weihnachtsbescheerung elsaß-lothringischer 
Kinder in Paris findet auch dieses Jahr demonstraliv wieder statt. 
25. December. Senat: Debatte über das Einnahmebudget: 
Der Senat genehmigt auch seinerseits den Antrag Brisson bezüglich 
Besteuerung der Congregationen, aber in einer von der Kammer 
wesentlich abweichenden, sehr abgeschwächten Fassung. 
27. December. Kammer: Scandal Graux-Girardin (Girardin 
wird beschuldigt, der „Chef der preußischen Spione“ zu sein). Die 
Kammer gibt mit 393 gegen 79 Stimmen Girardin eine Art Ge- 
nugthuung. — Die Kammer nimmt das Einnahmebudget nach den 
Beschlüssen des Senats, also mit dem modificirten Beschluß bezüg- 
lich der Besteuerung der Congregationen, an. Damit ist das Budget 
für 1881 definitiv erledigt. 
28. December. Schluß der Kammern. 
31. December. Frankreich erfreut sich einer überaus günsti- 
gen Finanzlage: Der Ertrag der indirecten Steuern allein hat den 
Voranschlag in dem abgelaufenen Jahre 1880 um mehr als 169 
Mill. Frs. überstiegen. Die Befestigung der Republik beruht nicht 
zum mindesten auf dieser Grundlage. Doch darf nicht übersehen 
werden, daß wenigstens der vierte Theil der Volksvertretung, der 
Wähler und der gesammten Bevölkerung nicht nur dieser oder 
jener jeweiligen Regierung feindlich gegenübersteht, sondern der be- 
stehenden Staatsform selbst und diese in jeder Weise zu unter- 
graben, wo möglich wieder zu stürzen bestrebt ist. Die Republik 
ist noch kein Jahrzehnt alt und bedarf, um feste Wurzeln zu fassen, 
des Friedens. Die Probe eines auswärtigen Krieges mit seinen 
möglichen Rückschlägen und Rückwirkungen auf die inneren Zustände 
hat sie noch nicht bestanden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.