Zlalien. (Juni 3— Juli 10.) 411
3. Juni. Kammer und Senat erlassen ihre Antwortadressen
auf die Thronrede.
Die Antwortadresse der Kammer ist ebenso lang als nichts-
sagend, außer daß sie ihre Bereitwilligkeit zu schleuniger Hurchführung der
vom Lande ersehnten Reformen ausspricht. Die Adresse des Senats ist
viel kürzer, dafür aber von auffallender Dentlichkeit. Sie dealSe die ent-
schiedene Zustimmung der hohen Körperschaft zu der „weisen und ent-
schlossenen“ Maßregel der Auflösung der Kammer, „einer neuen Probe des
festen Vertrauens in die Fundamentaleinrichtungen des Slaates“ , hebt den
den heftigen Parteibewegungen entzogenen, eine maßvolle und sichere Fort-
entwicklung verbürgenden conservativen Character des Senats hervor und
verheißt eine den Forderungen der Zeit entsprechende Mitwirkung zu allen
Reformen, „die eine Errungenschaft der E „Ciilisation sind und einen wahren
Fortschritt der Gesehgebung bezeichnen.“ Der Senat ist bereit, besondere
Sorge auf die Aufrechterhallung der freiheitlichen Institutionen, die Be-
festigung 2 nationalen Credits und dadurch des Wohlstandes und auf das
Heer und die Marine zu verwenden, „jedoch unter beständigem kbwägen
der Steuerlasten je nach den Steuerkräften des Landes.“ Eine Anspielung
auf das in der vorigen Session vom Senat zurückgewiesene Geset über Auf-
hebung der Mahlsteuer läßt erkennen, daß er darin seine Ansicht nicht geän-
21. Juni. Die Clericalen treten nach und nach entschieden,
nicht zwar in die Parlamentswahlen, aber doch in die Communal=
und Provinzialwahlen ein. In Rom werden bei den Communal=
wahlen 8 Conservative, 5 Clericale und 1 Progressist gewählt, was
großes Aufsehen erregt.
29. Juni. Die päpstliche Curie protestirt gegen einen Be-
schluß des Gemeinderaths von Rom, der der englischen Colonie
einen Theil des Klosters der barfüßigen Augustiner behufs Erbauung
einer anglicanischen Kirche abtritt: „daß in Rom, wo der Ketzerei
bis in die letzten Jahre nie Zutritt gestattet worden, jebt die Ge-
meindevertretung selbst vertragsmäßig die Erbauung eines neuen
Lehrstuhls protestantischer Ketzerei zum Scandal der Vürger er-
laube."“ -
10. Juli. Kammer: Schluß der langwierigen Debatten über
die erneuerte Vorlage der Regierung bezüglich Abschaffung der Mahl-
steuer und Annahme derselben.
Die beiden Haubtartitel des Gesetzes lanten: 1) Die Steuer auf feines
Mehl wird vom 1 do nepemboe 1880 ab auf 1½ Fr. pro Centner herab-
gesetzt; 2) sie hört vom 1 uJanuar 1884 an vollständig auf. Der erste wird
mit 262 gegen 108, der zweite mit 144 gegen 116 Stimmen angenommen.
Dagegen regt sich einige Opposition gegen die Ersatzsteuern. Als solche
sind zunächst Erhöhung der Zucker-, Petroleum= und Spiritussteuer ins Auge
gefaßt, für später denkt man auch' an eine Weinsteuer. Verschiedene -
cale und Dissidenten haben bereits erklärt, sie wollten zwar für die A
schaffung der Mahlsteuer, aber gegen die Erfazsteuern stimmen. Die die lt
bedeutendste Rede hält bei dieser Gelegenheit Berki, der die Mahlsteuer-