Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

456 Schweden und Norwegen. (Juni 19 — Aug. 21.) 
Standpunkte desselben sollte man glauben, daß es das Natiirlichste sei, un- 
verzüglich oder jedenfalls doch im Jahre 1881, gleichwie 1836, eine Reichs- 
gerichts-Aktion zu dekretiren. Da indessen von dem Reichsgericht, welches 
aus dem Lagthing und Höchsten Gericht besteht, gegenwärtig kein das Mini- 
sierium verurtheilendes Erkenntniß zu erwarten ist, will man, wie es heißt, 
die nächsten Storthings-Wahlen abwarten, um dann, wenn smogich in das 
Lagthing nur solche Mitglieder zu wählen, von denen man we iß, daß sie 
sich gegen jegliches Veto des Königs in Hunpgesehangelegenheieen erklären. 
19. Juni. (Norwegen.) Storthing: setzt einen Militäraus- 
schuß nieder, der auch zwischen den Sessionen des Storthings die 
Heeresorganisationsfrage berathen soll. Es ist jedoch die Frage, ob 
der Storthing dazu nach der Verfassung das Recht hat. 
21. Juni. (Norwegen.) Dem Storthingspräsidenten Sverdrup, 
dem Haupte des Widerstandes gegen den König, wird in Christiania 
ein großartiger Volksaufzug mit Flaggen und Musik dargebracht. 
23. Juni. (Norwegen.) Der König läßt das Storthing 
ohne Thronrede schließen. Im Lande herrscht inzwischen eine ge- 
wisse Gährung und man scheint in der Hauptstadt Unruhen nicht 
für unmöglich zu halten; der König hat daher den vor einiger Zeit 
wegen Arbeiterschwierigkeiten nach Christiania gesandten Truppen 
befohlen, einstweilen dort zu bleiben. 
26. Juni. (Schweden.) Da sich die beiden Kammern in 
der letzten Neichstagssession unter sich und mit der Regierung über 
ein neues Heergesetz wieder nicht haben einigen können, so setzt das 
neue Ministerium Posse zwei große, aus Militärs, Technikern und 
Abgeordneten zusammengesetzte Commissionen für das Heer= und für 
das Flottenwesen ein. 
Die Absicht der Regierung scheint deutlich die zu sein, mit den her- 
vorragendsten Führern der Landmann-Partei und denjenigen, die in der 
Ersten Kammer gegen die Partei freundlich gestimmt sind, zu verhandeln 
und danach ihre Maßregeln zu treffen, um die Frage endlich zur Lösung 
zu bringen. Zu diesem Ende hin ist auch eine Steuercommission eingesetzt 
worden und bereits in Thätigkeit getreten. Denn die Mehrheit des Reichs- 
tags ist offenbar von der Ueberzeugung durchdrungen, daß das sogen. Ein- 
(Griluuge werk (Stellung und Unterhaltung der Soldaten durch den Grund- 
besitz) bei einer allgemeinen Wehrpflicht nicht bestehen könne, und wünscht 
daher die Organisation des Heeres und die Ordnung des Steuerwesens im 
Zusammenhange zu behandeln, so daß eine getrennte Vorlage keine Aussicht 
hätte, den Beifall des Reichstages zu gewinnen. 
21. August. (Norwegen.) Der König annullirt den Be- 
schluß des Storthings vom 19. Juni betr. Niedersetzung eines Mi- 
litärausschusses und setzt selbst eine kgl. Commission ein, die aus 
den Mitgliedern des Militärausschusses des Storthings und 3 vom 
König ernannten militärischen Mitgliedern bestehen soll. 
 
	        
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