Der Se-
584 Nebersicht der polilischen Entwichlung des Jahres 1880.
in Frankreich zahlreiche Niederlassungen gegründet und eine Reihe
stark besuchter Schulen eröffnet hatten. Außer den Jesuiten hatten
aber auch andere nicht erlaubte Orden viele Schulen aller Art ge-
gründet und alle diese Orden und ihre Schulen hatten sich bisher
jeder Staatsaufsicht zu entziehen gewußt. Eben diesem Zustand
aber wollte der Staat nunmehr ein Ende machen. Das war nun
freilich nicht bloß eine große, sondern auch eine sofort eintretende
Gefahr für die Kirche und sowohl der Episcopat als die clericale
Partei waren alsbald zur äußersten Gegenwehr entschlossen. Die
Aussichten waren ihnen zunächst auch nicht ungünstig. Der Senat
hatte bis Ende 1879 noch nicht gesprochen, schien aber in seiner
Mehrheit nicht geneigt, dem Gesetze vom 30. Juni, wenigstens nicht
jener Bestimmung desselben, der die Jesuiten und nicht anerkannten
Orden betraf, auch seinerseits zuzustimmen. Die ganze Frage schien
somit vom Votum des Senates abzuhängen: man befürchtete nicht
ohne Grund einen vielleicht verhängnißvollen Conflict zwischen Kam-
mer und Senat und sah dem Enischeid mit großer Spannung ent-
gegen.
Diese Entscheidung erfolgte am 9. März 1880; der Senat
i zun genehmigte das Gesetz, verwarf aber seinerseits den die Jesuiten
gierung. und übrigen staatlich nicht anerkannten Orden betreffenden Art. 7
desselben in erster Berathung mit 148 gegen 129 Stimmen und
beharrte darauf auch in zweiter Berathung mit 149 gegen 132
Stimmen. Der gefürchtete Conflict zwischen Senat und Kammer
trat indeß nicht ein. Die Regierung stellte sich vielmehr in den Riß,
indem der Ministerpräsident Freycinet sofort die kurze, aber inhalt-
schwere Erklärung gab: „Es gibt also jetzt keine andere Lösung
mehr, als die Anwendung der Gesetze“ d. h. die Vertreibung der Je-
suiten und aller gesetzlich nicht erlaubten Congregationen, welche die
Regierung demnach auf ihre Verantwortlichkeit hin übernahm. Die
Kammer, damit ganz einverstanden und erfreut über die Energie
der Regierung, ertheilte ihr mit 372 gegen 147 Stimmen ein Ver-
trauensvotum, und die Regierung beeilte sich auch, ihr Wort ein-
zulösen. Unter dem 29. März erließ sie zwei Decrete: das eine
sprach die Auflösung aller Jesuitenniederlassungen binnen drei Mo-
naten aus, während das andere den Orden dieselbe Zeit als Frist
gewährte, um ihre Anerkennung nachzusuchen, widrigenfalls sie gleich-
falls aufgelöst würden. Diese Decrete schnitten der katholischen
Kirche und den Gegnern der Republik ins Fleisch und waren in