72 Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 20.)
und des Bezirksverwaltungsgerichts angenommen würde, so würde daraus
schon von selbst die Einjührung des Laienelements auch für Beschlußsachen
folgen. Zugegeben müsse werden, daß die provisorische Gestaltung von Kreis-
ausschüssen bei der Verschiedenheit der provinziellen Verhältnisse kaum her-
zustelien sei. Er versichere, daß der Staatsregierung der Gedanke einer
Machterweiterung bei ihren Vorschlägen ganz sern liege, daß sie vielmehr
einzig die Errichtung gemeinsamer Bewalpengsetewichtrczen im Auge habe.
Er hoffe hievon gerade eine Verstärkung der Meigung zur Einfüh hrung der
neuen Kreis= und Provinzialordnungen, die bei der Regierung bereits im
stärksten Maße vorhanden sei. fi Minister erklärt sich eher für eine
Hinausrückung des Elnführungstermines, als mit dem Antrag einverstanden,
der gleichwohl schließlich angenommen wird.
Das Haus genehmigt das Feld= und Forstpolizeigesetz mit
dem vielbesprochenen Beeren= und Pilz-S nach den Beschlüssen des
Herrenhauses.
20. Februar. (Deutsches Reich.) Reichstag: wählt mit
102 gegen 6 Stimmen, welche sich zersplittern, und 94 unbeschrie-
bene Zettel den sächsischen Particularisten Ackermann an die Stelle
des ablehnenden Hölder zum zweiten Vicepräsidenten.
Wäre eine einzige Stimme weniger abgegeben worden, so wäre die
Wahl ungiltig gewesen. So hat der zweite Vicepräsident des Reichstags,
er dritte „Vertrauensmann“ des Hause uses, von der Gesammtstimmengahl des-
selben nur einige über den vierten Theil erhalten; die Hälfte der Mitglieder
hat es nicht der Mühe werth gefunden, bei seiner Wahl auch nur Präseng
zu machen und von der andern Hälfte hat wiederum nahezu die Hälfte
weiße Stimmzettel abgegeben. Diese massenhaften fractionsweisen Wahl-=
enthaltungen deuten auf eine starke innere Zerklüstung und Entfremdung im
Reichstage hin.
20. Februar. (Preußen.) Eine kgl. Cabinetsordre spricht
die Vertagung des Landtags bis nach dem Schluß der Session des
Reichstags aus.
20. Februar. (Bayern.) II. Kammer: lehnt neuerdings
jeden Beitrag für das Jubiläum der Universität Würzburg mit
76 (ultram.) gegen 75 (lib.) Stimmen ab und setzt das Finanz-
gesetz dahin fest, daß das noch übrig bleibende Deficit von 1,160,000.4
vorläufig durch einen Zuschuß aus dem Verlagscapital gedeckt wer-
den soll. Dem Kriegsminister wird ein außerordentlicher Vorschuß-
credit von 3,535,365 — (für Casernen und Schießplätze 2c.) und
ferner ein Credit von 967,454 für außerordentliche Bedürfnisse
des Heeres (worunter 200,000 für Ingolstadt, womit wenigstens
die dießfällige Verpflichtung gegenüber dem Reiche anerkannt wird,
so daß der Kriegsminister sich damit vorerst begnügen will) be-
willigt.
20. Febrnar. (Hamburg.) Bei der Neuwahl der Vertreter