Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

74 Doo deullsche Reich und seine einzelnen Glirder. (Febr. 25.) 
heilen selbständig durchzuführen. Der Vatican nimmt an, daß das Berliner 
Ministerium den Kammern in der Sommersihung bezügliche Vorlagen machen 
werde. Er hätte die diblomatische Durchführung der Verhandlungen lieber 
gesehen, glaubt aber auch so der Beendigung des Conflicts näher zu rücken. 
Zu diesem Ende hin richtet der Papst ein Schreiben an den (abge- 
setzten) Ergbischof von Köln, welches an den Commentar anknüpft, 
den der Erzbischof von Köln zu dem vorjährigen Sendschreiben des Papstes 
über den Socialismus herausgegeben hat und welchem vom Papst warme 
Lobsprüche ertheilt werden und in dem zum Schlusse eine Concession an 
seelen. gemacht oder doch in Aussicht gestellt wird. Dieser Schluß lantet 
„Und Dieses wünschen Wir in erhöhtem Maße, Ehrwürdiger Bruder, 
zum Glück und Gedeihen Deines berühmien Vaterlandes, welches besonders 
die Mühen des h. Bonifacius einst für Christus erworben und das Blut 
sehr vieler Martyrer und die herrlichen Tugenden h. Männer, welche jeht 
die Glorie des Himmelreiches genießen, fruchtbar gemacht haben. Schon 
das zweite Jahr läuft ab, seit Wir gebeten haben, daß Du Deine und 
Deiner Gläubigen Gebete mit den Unserigen verbinden mögest, damit Gott, 
der an Barmherzigkeit reich ist, Unsere Gebete erhöre und die so sehr er- 
sehnte Freiheit der Kirche im deutschen Reiche glücklich wieder schenke. Noch 
wurde Uns die Erfüllung Unserer Wünsche nicht zu Theil; aber Wir stützen 
Uns auf die feste Hoffnung, daß mit dem Beistande der gFottlichen Hilfe 
Unsere Bemühungen den ewünschten Erfolg haben werden. Allmählich und 
nach und nach wird z ker Verdacht und, was daraus zu entstehen pflegt, 
die ungerechte unsd der gegen die Kirche ein Ende nehmen und aufhören 
und die Lenker des Staats daselbst werden, wenn sie mit billigem und gün- 
stigem Sinne die Thatsache erwien, leicht einsehen, daß Wir nicht in fremde 
Rechte eingreifen und daß zwischen der kirchlichen und staatlichen Gewalt 
ein dauerndes Einvernehmen bestehen kann, wenn nur von beiden Seiten 
der geneigte Wille, den Frieden aufrecht zu halten oder, wo es nöthig ist, 
wieder herzustellen, nicht f ehlt. Daß Wir von diesem Geiste und diesem 
Willen beseelt sind, steht bei Dir, Ehrwürdiger Bruder, und bei allen Gläu= 
bigen Deutschlands gewiß und zuverlässig fest. Ja, Wir hegen diesen Willen 
so entschieden, daß Wir in ranssih der Vortheile, welche daraus für 
das Heil der Seelen und für die öffentliche Ordnung hervorgehen werden, 
kein Bedenken tragen, Dir zu erklären, daß Wir, um dieses Einvernehmen 
z beschleunigen, dulden werden, daß der preußischen Staatsregierung vor 
er canonischen Institution die Namen jener Priester angezeigt werden, welche 
die Bischöfe der Diöcesen zu Theilnehmern ihrer Sorgen in der Ausübung 
der Seelsorge wählen (nos hujus. Concordinc maturandac causa passuros 
ut Borussico gubernio ante canonicam institutionem nomina exhibcantur 
sacerdolum illorum, duos Ordinarii Dioccesium ad gerendum animarum 
curam in partem suac sollicidutinis creant). Verharren wir inzwischen in 
heißen Gebeten, Ehrwürdiger Bruder, daß unser #ee#r Jesus Christus Aller 
Herzen lenken und es gnädig vollenden wolle, daß Jeder nach Maßgabe 
seines Amtes seine Bemühungen aufwende, Sein (Chrifti) Reich nicht nur 
in den Gemüthern der Einzelnen, sondem, in der gesammten menschlichen 
Gesellschaft wiederherzustellen.“ Das Acktenstück wird der preußischen Re- 
gierung etwas später amtlich mitgetheilt. 
25. Februar. (Deutsches Reich.) Bundesrath: das Reichs- 
schatzumt läßt demselben die Berechnung der nach dem Reichsbudget 
für 1880/81 zur Deckung der Gefammtausgabe aufzubringenden 
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.