78 Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 25.)
vorlag, erklärte, sie wolle einen Ausgleich, und von einer Gemeinschaft der
Interessen in der Seelsorge sprach, sie den hanzen Standpunkt der Geseh-
gebung von 1874 tinehod preisgegeben habe. Dieß sei nicht wieder gut
zu machen und jetzt gebe es nur einen Standpunkt, den, daß ein Friede ab-
geschlossen werde, der die Ehre und Würde des Staates wahre, und daß
man sich nicht hinter die Grundsäße der Gesehgebung von 1860 zurück-
drängen lasse Redner critisirt das Verhalten der großherzoglichen Regierung
bei den Unterhandlungen mit der Curie. Troh des beinahe arroganten Tons
bes bischöflichen Schreibens vom 5. Januar sei man der Kammer mit einer
Vorlage gekommen, wie die vom 17. Jaunar und habe, als sich der Wider=
stand der Kammer gezeigt, in der „Karlsr. Ztg.= mit Auflösung gedroht.
Und jetzt befinde sich die Negierung auf dem Stantpmet der Mehrheit
der Kammer! Trotzdem jubeln die Amtsverkündiger: die Liberalen haben
dch in ihrer #eigenen Schlinge gejangen, und bewerfen die Kammermehrheit
mit Koth. Besonders geschehe dieß von einem Amtsverkündiger, dessen Eigen-
thümer in einem vertrauten Verhältniß zum Ministerium des Inneren siehe
und der sich in leicht zu errathender Absicht seit elwa 8 Tagen hier aufhalte.
Diese Angriffe gehen vor sich, ohne daß sich auch nur eine Hand rühre. na-
mentlich diesenige Hand nicht, welche so rasch dabei gewesen sei, die „Frei-
burger Ztg.“ wegen angeblicher Tactlosigkeit zu züchtigen. Der Präsident
des Minnsgrium des Innern habe eine eigenthümliche staatsmännische Auf-
fassung von dem Erlasse des Capitelsvicariats gezeigt. Derselbe habe den
Eingang desselben als einen bedeutungslosen Kopfbogen betrachtet. Diese
Auffassung wäre nicht möglich gewesen, wenn der Minister die Angelegen-
heit mit staatsmännischem Geschick geleitet hätte. Der mit Kammerauflösung
drohende Artikel der „Karlsr. Zig.“ habe eine andere Haltung der Regie-
rung erwarten lassen, als daß diese sich jeyt pur und blank auf den Stand-
punkt der C Commissionsanträge stelle. Turch die feste Haltung der Kammer
sei erreicht worden, daß Bischof Kübel dem Großherzog gegenüber endlich
eine Sprache zangenommen habe, wie sie dem Unterthan seinem Sonverän
gegenüber gezieme. Der Verlauf der Angelegenheit habe übrigens dargethan,
daß deren Leitung nicht mehr in den richtigen Händen ruhe. Staatsminister
Turban: Der Vorredner habe Dinge in die Berathung gebracht, welche außer-
halb des Bereiches des Hauses liegen. Man sollte nicht nach eingelnen Fehlern
suchen, um sie in greller Beleuchtung zu zeigen, sondern es gelte, vor allem
dem Lande den Frieden wiederzugeben. Seinem Collegen vom Ministerinm
des Innern müsse er das Zeugniß geben, daß er mit ernslem Eifer an der
Erreichung dieses Zieles gearbeitet habe, das alle Guten innig wünschen,
damit diese ewigen Kämpfe aufhören. Mit der ersten Vorlage sei nicht be-
absichtigt gewesen, von den Grundlagen unserer Gesegebung abzugehen; die
Regierung habe geglaubt: es sei eines liberalen Staatswesens würdig, wenn
es in freundlicher Weise an die Abstellung der grellen Mißstände gehe. Die
Vorwürfe gegen die erste Vorlage treffen nicht den Minister des Innern
allein, sondern das Gesammtministerium, da sich Stösser in allen entscheiden-
den Pbasen der Verhandlungen des Einverständnisses seiner Collegen ver-
sichert habe. Redner vertheidigt unn die erste Vorlage, indem er seine An-
schauung darlegt, nach welcher der Regierungscommissär beim Staatsexamen
eine sehr werthvolle Institution wäre. Auf die formale Zurücknahme des Dis-
pensnachsuchungsverbots durch den Erzbisthumsverweser habe man wohl ver-
zichten können, angesichts des großen materiellen Entgegenkommens der Kirche.
Die Negierung habe anmehmen“ Lissnens diese Ueberzeugung werde sich auch
in der Kammer Gel tung verschaffen. Uebrigens sei dem Erzbisthumsver-
weser kein Zweifel darüber gelassen worden, daß die Regierung nicht voll
und ganz für den Gesetentwurf eintrelen werde, wenn er sein Verbot nicht