Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 18—21.) 73
18. März. (Preußen.) Herrenhaus: genehmigt den Gesetz-
Entwurf betr. die sog. finanziellen Garantieen für die Staatseisen-
bahnverwaltung unverändert nach den Beschlüssen des Abg.-Hauses.
Abg.-Haus: genehmigt nunmehr die Eisenbahnverstaatlichungs-
vorlage unter Ablehnung des Büchtemann'schen (Fortschr.) Antrages
auf etatsmäßige Festsetzung der Tarifänderungen unverändert nach
den Beschlüssen der 2. und 3. Lesung und zwar in namentlicher Ab-
stimmung mit 243 gegen 107 Stimmen.
21. März. (Preußen.) Volkswirtschaftsrat: lehnt im Ple-
num schließlich das Tabakmonopol mit 33 gegen 31 Stimmen ab.
Dagegen gelangt eine Resolution für eine höhere Vesteuerung des
Tabaks mit 48 gegen 14 Stimmen zur Annahme. Das Resultat
macht großes Aufsehen, da sich die Regierung desselben vom Volks-
wirtschaftsrat offenbar nicht versehen hatte. Die allgemeine Strö-
mung gegen das Monopol scheint jedoch momentan geradezu über-
wältigend zu sein.
21. März. (Bayern.) II. Kammer: Um das Gleichgewicht
des Budgets zu sichern, sieht sich die ultramontane Mehrheit doch
veranlaßt, die Erhöhung des Malzaufschlags weiter und bis zu Ende
1883 zuzugestehen.
21. März. (Baden.) II. Kammer: beschließt einstimmig,
den Großherzog zu ersuchen, den badischen Bevollmächtigten im
Bundesrat anzuweisen, sich gegen die Einführung des Tabakmono-
pols auszusprechen.
Über die Verluste, welche einem Staat aus der Vernichtung einer
großen Tabakindustrie und eines entsprechenden Tabakhandels erwachsen,
gibt die umfangreiche Denkschrift der Handelskammer in Mann-
heim über die Tabakfrage einige Andeutungen. Bisher wohlgeordnete Fi-
nanzen eines Einzelstaats können selbst in Anbetracht des Umstandes, daß
ihnen die Einkünfte aus dem Monopolerträgnis nach Maßgabe der Bevölke-
rungs- ziffer zufließen sollen, auf eine lange Reihe von Jahren in eine für
die Bevölkerung schwer empfindliche Lage kommen. Vorteile ziehen nur jene
Staaten, in welchen Tabakindustrie und Handel wenig oder gar nicht ent-
wickelt sind. Die Statistik gibt über diese verschiedenartigen Wirkungen auf
verschiedene deutsche Staaten interessante Anhaltspunkte. Auf 10.000 Per-
sonen sind beschäftigt mit der Fabrikation in Deutschland durchschnittlich
260 Personen; speziell in Baden 895, in Preußen 232 und in Württem-
berg 105 Personen. Am deutlichsten tritt die ungerechte Verschiebung des
Budgets der Einzelstaaten in Folge des Monopols zu einander hervor, wenn
man das Verhältnis Württembergs zu Baden näher ins Auge faßt. Baden
hat einen Gesamtumsatz in Tabak von 59 Mill. Mark (worunter 4.747.000 Mark
Detailverkauf). Württemberg hat nur einen Umsatz von 11 Mill. (worunter
6 Mill. Detailverkauf). Die Denkschrift erwähnt die Ziffer des Detailver-
kaufs deshalb besonders, weil aus letzterem der Staat verhältnismäßig