Allgemeine Chronik. XIII
8. März. (Deutsches Reich: Bayern.] Die ultram. Mehrheit der II. Kammer
beschließt in aller Form, den König um Anerkennung der Tegern-
seer Erklärung von 1821 zu gunsten der kath. Kirche zu bitten. Die
Negierung bestreitet neuerdings die Existenz irgend eines auch nur
stillen Kulturkampfes in Bayern und lehnt jede Unterstützung des
ultram. Wunsches ihrerseits ab.
[Österreich-Uugarn.] Die aufständische Crivoscie wird besetzt, das
Fort Dragali genommen und in die Luft gesprengt. Die ganze männ-
liche Bevölkerung tritt nach Montenegro über.
9. März [Deutsches Reich: Preußen] Das Abg.-Haus bewilligt der Re-
gierung die weitere Verstaatlichung von Privateisenbahnen.
[Deutsches Reich: Bayern.] Die l. Kammer beharrt in der Si-
multanschulfrage auch ihrerseits auf ihrem vermittelnden Standpunkt
gegen die ultram. Mehrheit der II. Kammer.
11. März [Deutsches Reich: Bayern.] Die I. Kamner tritt dem Beschlusse
der II. Kammer gegen das Tabakmonopol nicht bei.
[Deulsches Reich: Hessen.] Die II. Kammer erklärt sich mit 23 gegen
19 Stimmen wider das Tabakmonopol.
„ [Frankreich.] Die Kammern lassen sich durch freie Eisenbahn-
fahrkarten von den großen Bahngesellschaften förmlich bestechen.
13. März [Deutsches Reich: Bayern] Die lI. Kammer tritt mit allen gegen
bloß 2 Stimmen dem Beschluß der ultram. Mehrheit der II. Kam-
mer für Abschaffung des 7. Schuljahrs ihrerseits nicht bei.
14. März [Deutsches Reich: Preußen.) Das ultram. Zentrum erhebt bei
Beratung des Kultusetats zahlreiche Beschwerden und erreicht wenig-
stens das, daß die Dotation des altkath. Bischofs aus der Etats-
position der kath. Bischöfe entfernt und als eigene Position einge-
stellt wird.
15. März [Italien.) Der Finanzminister legt der Kammer ein Exposé über
die sehr befriedigende Finanzlage des Landes vor. Die Periode des
Defizits ist definitiv überwunden.
(Pforte.] Der Sultan nimmt die Leitung der ausw. Politik mehr
und mehr über die Köpfe seiner Minister hinweg in seine eigene Hand,
namentlich auch die ägyptische Frage.
16. März [Griechenland.] Das Ministerium Komunduros, das bei den Kam-
merwahlen unterlegen ist, wird durch ein Ministerium Trikupis ersetzt.
17. März [Deutsches Reich: Preußen.] Die Regierung legt dem Abg.-Hause
ein neues Verwendungsgesetz für die vom Reichstag erst zu bewilli-
genden neuen indirekten Steuern (Tabakmonopol) vor.
18. März [Deutsches Reich: Preußen.] Der Papst ernennt einen Bischof
von Paderborn.
21. März [Deutsches Reich: Preußen.] Der Volkswirtschaftsrat spricht sich
schließlich mit 33 gegen 31 Stimmen wider das Tabakmonopol aus.
„ [Deutsches Reich: Baden.] Die II. Kammer spricht sich einstimmig
gegen das Tabakmonopol aus.
22. März [Deutsches Reich: Preußen.] Der Papst ernennt den Propst
Herzog in Berlin zum Fürstbischof von Breslau.
[Deutsches Reich: Elsaß-Lothringen.] Die Handelskammer von Straß-
burg spricht sich im Prinzip einstimmig gegen das Tabakmonopol
aus. Die Ansichten der Bevölkerung über die Frage sind geteilt.
23. März [Deutsches Reich: Preußen.] Der Volkswirkschaftsrat spricht
seine Zustimmung zu der beabsichtigten Gewerbegesetznovelle aus und
wünscht, daß gegen das Hausiergewerbe noch weiter und hinter die
Gesetzgebung von 1869 zurück gegangen werde.