XIV Allgemeine Chronik.
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23.März. [Österreich-Ungarn: Österreich.] Der Reichsrat beschließt die Zer-
legung des böhmischen Großgrundbesitzes in 6 Kurien und die Er-
teilung des Wahlrechts an die sog. Fünfguldenmänner, beides im
Interesse der Czechen.
„ [Frankreich.] Der Senat genehmigt den im vorigen Jahr von ihm
verworfenen Gesetzentwurf betr. obligatorischen und weltlichen Schul-
unterricht nunmehr mit 179 gegen 108 Stimmen.
24. März [Deutsches Reich: Preußen.] Das Abg.-Haus genehmigt den von
der Regierung vorgeschlagenen neuen Steuererlaß im Betrage von
6 Mill. Mark für ein Jahr, spricht sich aber zugleich in einer Resolu-
tion für eine Reform der direkten Steuern aus.
„ [England.] Ein verschämter Antrag aus Wiedereinführung von
Schutzzöllen wird vom Unterhaus abgelehnt. Schutzzölle sind für
England ein vollkommen überwundener Standpunkt.
25. März [Deutsches Reich: Preußen.] Der Volks wirtschaft srat stimmt dem
projektierten Unfallgesetz mit samt dem Staatszuschuß bei, wünscht
aber neuerdings, daß dasselbe auch auf die ländlichen Arbeiter aus-
gedehnt werde.
29. März [Deutsches Reich: Preußen.] Die Kommission des Abg.-Hauses ar-
beitet den kirchenpolitischen Gesetzentwurf nach einem Kompromiß der
Konservativen mit den Ultramontanen und zwar im Sinne der letz-
teren total um. Die Ultramontanen triumphieren; die Regierung
schweigt vorerst.
30. März [Deutsches Reich: Württemberg.] Schluß der württ. Landes-
ausstellung. Das Resultat ist ein überaus befriedigendes.
„ [Rußland.] Attentat in Odessa gegen den General Strelnikoff.
31. März [Deutsches Reich.] Das mit diesem Tage zu Ende gehende Etats-
jahr 1881 82 zeigt eine sehr befriedigende Steigerung der Reichsein-
nahmen.
31. März [Deutsches Reich: Preußen.] Das Abg.-Haus genehmigt das neue
kirchenpolitische Gesetz unverändert nach dem konserv.-ultram. Kom-
promiß. Die Regierung hält jedoch mit ihrer Zustimmung vorerst
noch zurück.
„ [Frankreich.] Die bisher für so günstig angesehene Finanzlage des
Landes wird nachgerade energisch in Frage gestellt.
» [Frankreich und Verein. Staaten] lassen die Wiedereinberufung der
Pariser Münzkonferenz behufs Einführung des Bimetallismus auf
unbestimmte Zeit fallen.
1. April. [ Österreich- Ungarn: Österreich.] Auch in Österreich und na-
mentlich in Wien sucht eine antisemitische Agilation Wurzel zu
fassen; die Regierung tritt ihr jedoch entschieden entgegen.
[Frank reich.] Gegen das neue Volksschulgesetz erhebt sich seitens
der kath. Partei ein wahrer Sturm der Entrüstung.
[England.] In Ostindien treten mit diesem Tage Verwaltungs-
körper in Tätigkeit, welche teilweise, eine gewaltige Neuerung, aus
Wahlen hervorgehen.
[Rußland.] Neue Judenhetzen in Südrußland. Die Juden beginnen
massenhaft auszuwandern.
4. März [Deutsches Reich: Bayern.] Die lI. Kammer erledigt den Kultus-
etat. Von einer Anerkennung der Tegernseer Erklärung ist keine
Rede mehr. Dagegen führt die ultram. Mehrheit eine wahre Razzia
gegen die Lehrerbildungsanstalten aus, denen womöglich der Lebens-
faden abgeschnitten werden soll.