XVI
Allgemeine Chronik.
25. April. (Österreich- Ungarn.] Die Delegationen bewilligen der Re-
gierung neuerdings einen Kredit von 22 Mill. G. behufs vollstän-
diger Unterdrückung des Aufstandes in Dalmatien und den okkupierten
Provinzen.
26. April [Deutsches Reich: Bayern.] Die II. Kammer läßt sich die Be-
schlüsse der I. Kammer zum Kultusetat nur teilweise gefallen und
die I. Kammer gibt nach. Das Finanzgesetz wird demgemäß erledigt.
Die ursprünglich von der Regierung ins Auge gefaßte starke Er-
höhung der direkten Steuern ist bis auf eine kleine Summe behufs
Herstellung des Gleichgewichts im Budget durch die starken Erspa-
rungen und Abstriche der Mehrheit vermieden worden.
„ [England.] Der Parnellit Redmont bringt im Unterhaus einen
sehr gemäßigten Antrag zu gunsten Irlands ein. Gladstone lehnt
ihn zwar ab, glaubt aber darin die Möglichkeit einer Verständigung
mit den Parnelliten zu erkennen und knüpft alsbald indirekte Unter-
handlungen mit Parnell an.
[Ialien.] Die Kammer bewilligt 144 Mill. L. behufs Vermehrung
des Armeematerials.
27.April [Deutsches Reich.] Eröffnung des Reichstags. Die Thronrede kün-
digt außer dem Unfall= und dem Krankenkassengesetz namentlich das
Tabakmonopol an, spricht sich für dieses mit ganz besonderem Nach-
drucke aus und stellt für den Fall der Verwerfung desselben eine
anderweitige Erhöhung der Tabaksteuer sofort in Aussicht.
28. April [Deutsches Reich.] Reichstag: Bei den Präsidentenwahlen gehen Kon-
servative und Ultramontane zusammen und bringen die 3 liberalen
Gruppen dadurch in die Minderheit.
„ [Deutsches Reich: Baden.) Die II. Kammer spricht sich nur mit
29 gegen 28 Stimmen für die Einführung des direkten Wahlrechtes
aus, also nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit; die I. Kam-
mer spricht sich überdies einstimmig dagegen aus. Dagegen ist es
den Ultramontanen, Demokraten und Konservativen gelungen, die
bisherige Mehrheit der Nationalliberalen in die Minderheit herab-
zudrücken, wenn auch nur um eine Stimme (31 gegen 30); der stän-
dige Landtags ausschuß, der bisher nur aus Liberalen bestand, wird
daher aus 3 Nat.-Liberalen, 2 Ultramontanen und 1 Demokraten
zusammengesetzt.
29. April [Deutsches Reich: Bayern.] Schluß des Landtags: Die ultram. Mehr-
heit der II. Kammer hat trotz aller Anstürme so viel wie gar nichts
erreicht: das Ministerium Lutz ist von ihr nicht gestürzt worden und
fast alle ihre Beschlüsse sind schon am Widerstande der I. Kammer
gescheitert, ohne nur an den Entscheid der Krone zu gelangen.
" [Österreich- Ungarn: Österreich.] Die Regierung gewährt den Slo-
venen einen Sprachenerlaß bez. der Gerichtssprache in Krain, Kärn-
then und Steiermark. Auch das Schulwesen soll in Krain und den
südlichen Provinzen, soweit möglich, allmälig flovenisiert werden.
30. April [Deutsches Reich.] Die Veröffentlichung der Berichte des ebigen
Reichskanzlers als preußischem Bundestagsgesandten von 1851—59
gestaltet sich durch das grelle Licht, das sie auf die ganze Bundes-
tagsmisere wirft, zu einem wahren politischen Ereignis.
„ [Spanien.] Barcelona und die Industriestädte Cataloniens ver-
suchen Widerstand gegen den mit Frankreich abgeschlossenen Handels-
vertrag. Die Regierung muß zur Verhängung des Belagerungszustan-
des greifen. Kongreß und Senal genehmigen jedoch den Vertrag mit
großen Mehrheiten und die Bevölkerung muß sich schließlich fügen.