Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 13—20.) 147
eigenhändigen an mich gerichteten Schreiben die Allerhöchste Genugtunng
und die Hoffnung ausgesprochen hat, daß die Bestrebungen des Minden-
Ravensberger Bauernvereins im ganzen Lande Anklang und Nachahmung
finden möchten. Se. Majestät hat mir dabei befohlen, den Unterzeichnern
der Adresse den herzlichen Dank für den Ausdruck ihrer patriotischen Gesin-
nung zugehen zu lassen. (Gez.) v. Bismarck."
13. Juli. (Deutsches Reich.) In Berlin finden zahlreiche
Ausweisungen von Sozialdemokraten statt, was zu wirderholten sozial-
demokratischen Demonstrationen bei der Abreise der Ausgewiesenen
Anlaß gibt.
14. Juli. (Deutsches Reich.) Die Reichsregierung beschließt
die Erbauung eines Justizpalastes als Dienstgebäude für das Reichs-
gericht in Leipzig, scheint also die Idee einer späteren Verlegung
desselben nach Berlin aufgegeben zu haben.
14. Juli. (Sachsen.) Die Lage der Staatsfinanzen, welche
sich seit der durchgeführten Verstaatlichung der Eisenbahnen wenn
auch langsam, so doch stetig gebessert hat, dürfte sich nach den bis-
herigen Ergebnissen der Haupt-Staatseinnahmen am Ende der Fi-
nanzperiode 1882/83 so gut gestalten, daß man dem Voranschlage
der Regierung vollkommen wird nachkommen können. Die Regie-
rung halte sogar, wird offiziös versichert, an der Hoffnung fest, dem
nächsten Landtage den kompleten Wegfall des außerordentlichen Zu-
schlages zur Einkommensteuer, von dem in der laufenden Periode be-
reits 60 Prozent erlassen wurden, für die kommende Finanzperiode
in Vorschlag bringen zu können.
15. Juli. (Preußen.) Der preußische Gesandte bei der
römischen Kurie, v. Schlözer, geht auf Urlaub nach Berlin, um
mündlichen Bericht zu erstatten und neue Instruktionen in Empfang
zu nehmen. Die Unterhandlungen mit Rom sind, wie man allge-
mein annimmt, so viel als gänzlich ins Stocken geraten, da die
Kurie Preußen rein dilatorisch behandelt.
17. Juli. (Preußen.) Die Regierung lehnt das Immediat-
gesuch der rheinischen Ultramontanen um Wiedereinsetzung des staat-
lich abgesetzten Erzbischofs Melchers von Köln ab.
20. Juli. (Preußen.) Eine Vertrauensmännerversammlung
der schlesischen Ultramontanen in Breslau stellt die für ihre Partei
bei den bevorstehenden Landtagswahlen zu beobachtende Wahltaktik
dahin fest:
„In den Kreisen, in welchen wir nicht selbständig Kandidaten der
Zentrumspartei durchzubringen vermögen, werden unsere Wahlmänner für
denjenigen Kandidaten stimmen, welcher entschieden und ausgesprochenermaßen
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