Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Aug. 16—23.) 153 
daß jede Unterstützung der Nationalliberalen und Freikonservativen 
absolut ausgeschlossen und bei einer engern Wahl zwischen einem 
Fortschrittler und einem Nationalliberalen der erstere zu unterstützen 
sei, immerhin nur, wenn er in bestimmtester Weise erkläre, wenig- 
stens für die Forderung der Straffreiheit des Messelesens und Sakra- 
mentspendens und für die Abschaffung des kirchlichen Gerichtshofes 
stimmen zu wollen. 
16. August. (Preußen.) Ein großer Parteitag der Konser- 
vativen der Rheinlande in Barmen beschließt eine Resolution, die 
in den drei Punkten gipfelt: positives Christentum, verfassungs- 
mäßige Kronrechte und Reformpolitik im Sinne der Botschaft vom 
17. Novbr. v. J., und die sofort sowohl dem Kaiser als dem Reichs- 
kanzler unterbreitet werden soll. Stöcker befürwortet eifrig ein Zu- 
sammengehen der Konservativen mit den Ultramontanen, meint aber 
doch, daß „gegen das aggressive Vorgehen des katholischen Klerus in 
jüngster Zeit Front gemacht werden müsse“; nebenbei erklärt er die 
Einführung obligatorischer Innungen für schlechterdings notwendig. 
19. August. (Deutsches Reich.) In Folge der in der 
ägyptischen Frage (s. Ägypten) eingetretenen entscheidenden Wendung 
gehen drei weitere deutsche Kriegsschiffe von Kiel nach dem Mittel- 
meer ab. Bei dieser Gelegenheit wird auf die stetig wachsende 
Bedeutung der deutschen Kriegsflotte aufmerksam gemacht, die z. Z. 
nicht weniger als 32 Schiffe in aktivem Dienste habe, die in allen 
Meeren zerstreut seien. 
20. August. (Preußen.) Nach einer ministeriellen Ver- 
fügung hört mit dem letzten September l. J. im ganzen Umfange 
der Monarchie die für diverse Blätter von der Regierung bisher 
gezahlte, zum Teil sehr bedeutende, Subvention auf und soll die 
gesamte offiziöse Presse reorganisiert werden. 
23. August. (Preußen.) Der neue Fürstbischof Herzog von 
Breslau rührt auch die Mischehen-Frage wieder auf. Das Vorgehen 
macht in Berlin einen gewaltigen Eindruck und die offiziöse „Nordd. 
Allg. Ztg.“ sieht sich veranlaßt, demselben in einem geharnischten 
Artikel entgegenzutreten. 
Der Konflikt wird dadurch hervorgerufen, daß in mehreren schlesischen 
Parochieen folgender Erlaß angeschlagen wurde: „Katholische Brautleute kön- 
nen eine vor Gott und der Kirche giltige Ehe nur schließen vor ihrem Pfarrer 
und zwei Zeugen, und nur durch diese kirchliche Eheschließung das heilige 
Sakrament der Ehe empfangen. Ist nur der eine Teil der Brautleute 
katholisch, der andere aber protestantisch, soll also eine Misch-Ehe ein- 
gegangen werden, so kann dieselbe ebenfalls nur durch die katholische
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.