Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

162 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Sept. 11.) 
Widerspruch mit dem Wesen des Judentums, sowie mit dem Wesen des 
christlichen Staatenbundes, und ein prinzipieller verhängnisvoller Fehler. 
Obrigkeitliche Stellungen sind daher den Juden nicht einzuräumen, ebenso- 
wenig Lehrämter an christlichen Schulen. 6) Unter dem sozialen Gesichts- 
punkt oft Vertreter der nackten Geldmacht, wenig Anteil an der produktiven 
Arbeit nehmend und daher an der damit verbundenen sozialen Verpflichtung 
wenig beteiligt, sondern die Geldmacht fremdem Fleiße verdankend, ist das 
moderne Judentum in einer Epoche, in welcher der Streit zwischen Arbeit 
und Kapital bis zum Hervortreten von Umsturzparteien herausgebildet ist, 
eine soziale Gefahr ersten Ranges. Die Finanzmacht der Juden ist ein 
Hindernis selbständigen Staatslebens, ihr Börsentreiben die Wurzel ver- 
derblicher Richtung des Geschäftslebens, ihr Einfluß auf Industrie und Ge- 
werbe durch die Usurpation des die Arbeit bedrückenden Zwischenhandels 
der Grund mannigfacher Volksnot. 7) Die Übelstände, welche der jüdische 
Geist in Handel und Wandel, in Industrie und Landwirtschaft hervorruft, 
sind durch die Kapitalmacht einschränkende Gesetze zu bekämpfen. Christen 
knüpfen möglichst mit Christen Geschäftsverbindung. 8) Nur durch die Ver- 
läugnung der christlichen Staatsidee und des nationalen Gedankens im 
öffentlichen Leben und in der Gesetzgebung sind christliche Völker in Ab- 
hängigkeit von dem Judentum geraten. Nur durch Hochhaltung der christ- 
lichen Weltanschauung und durch Geltendmachung der nationalen Bedürfnisse 
im wirtschaftlichen Leben, somit in der Gesetzgebung und  Verwaltung wer- 
den die christlichen Völker ihre naturgemäße Selbständigkeit wieder gewinnen. 
Die Regierungen und gesetzgebenden Körperschaften sind daher um ihre staats- 
rechtliche Initiative zu ersuchen; die Völker aufzurufen, daß sie durch Pflege 
des christlichen und durch Bekämpfung des jüdischen Geistes in Literatur und 
Tagespresse, im staatlichen wie im kommunalen Leben die jeder Nation not- 
wendigen Eigentümlichkeiten und Freiheiten verteidigen.“ Später wird auch 
noch ein Thüngen-Fechen- bach'scher Antrag zum Beschluß erhoben, 
der die Stöcker'schen Thesen dahin verschärft: „gegen die Einwanderung der 
Juden aus dem Osten ist eine Grenzsperre zu errichten, und die Juden sind 
vom Militärdienste auszuschließen, dagegen mit einer Kopf- und Wehrsteuer 
zu belasten.“ Außerdem beschließt der Kongreß (einem Stöcker'schen Vor- 
schlage gemäß) die Bildung eines permanenten antijüdischen Comités 
nach dem Vorbilde der Alliance israélite universelle, dessen Mitglieder ver- 
schiedenen Ländern angehören und deren Namen verschwiegen bleiben 
sollen, sowie die Gründung einer internationalen antisemitischen 
Revue. 
11. September. (Deutsches Reich.) Nicht geringes Auf- 
sehen macht eine an diesem Tage erschienene Bekanntmachung der 
bayer. Regierung betr. die „Besetzung der Subaltern- und Unter- 
beamtenstellen bei den Reichs- und Staatsbehörden mit Militär- 
anwärten." 
Die Grundsätze der Bekanntmachung sind zwischen den Regierungen 
der deutschen Staaten im Bundesrate vereinbart worden. Bisher wurde 
es in dieser Beziehung in den verschiedenen Staaten auch verschieden gehalten 
und die nunnmehrige Regelung der Frage ist für manche Staaten und na- 
mentlich auch für Bayern eine tief eingreifende. Hier war der Kreis der 
mit Militäranwärtern zu besetzenden Stellen bisher ein ziemlich beschränkter 
und die Konkurrenz von Zivilpersonen selbst für diesen Kreis nicht aus- 
geschlossen. Jetzt wird dieser Kreis sehr erweitert und die Konkurrenz, das 
Vorhandensein fähiger Militäranwärter vorausgesetzt, vielfach ganz aus-
	        
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