Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Sept. 16—17.) 165
— September. (Preußen.) Die durch das Sperrgesetz von
1875 vorerst der Staatskasse anheimfallenden Gelder, welche an die
Generalstaatskasse abzuführen sind, sollen bei dem jüngsten Final-
abschluß gegen 13½ Millionen Mark betragen haben.
Es sind noch heute die Einkünfte der Geistlichen gesperrt in den
Diözesen Ermland und Culm — in welchen Bischöfe vorhanden sind —
Posen- Gnesen, Hildesheim, Münster, Limburg und Köln, während die Sperre
in den Diözesen Paderborn, Fulda, Osnabrück, Trier, Breslau, in der Graf-
schaft Glatz und in Hohenzollern aufgehoben ist. Die Verwendung aus den
angesammelten Geldern muß durch besonderes Gesetz fixiert werden. In Re-
gierungskreisen soll man der Ansicht sein, daß diese Regelung erst erfolgen
könne, wenn in allen Diözesen die Sperre aufgehoben sein würde. Davon
scheint aber die Regierung noch sehr entfernt zu sein, so lange der Papst
zwar die Konzessionen Bismarcks und die noch größeren der H.H. v. Putt-
kamer und v. Goßler einstreicht, seinerseits aber, vom Zentrum angestachelt,
sich auch nicht zur kleinsten Konzession herbeiläßt.
16. September. (Bayern.) Eröffnung einer internationalen
elektro-technischen Ausstellung in München. Das Unternehmen findet
in den weitesten Kreisen eine überaus lebhafte Teilnahme und das
Resultat gestaltet sich sowohl wissenschaftlich als praktisch höchst be-
friedigend.
17. September. (Preußen.) Die konservative Presse in
Berlin und in der Provinz spricht sich bez. des Steuerreformpro-
gramms der Regierung, so weit es überhaupt erkennbar ist, und
über die Anschauungen der halbamtlichen „Prov.-Korr.“, wie sie in
den letzten Äußerungen derselben zu Tage getreten sind, so wie
über die ganze Haltung der Regierung und ihrer Organe gegenüber
der konservativen Wahlagitation sehr unzufrieden aus und die frei-
konservative Presse geht bez. des Steuerprogramms noch einen Schritt
weiter
Die „Post“, das leitende Organ der Partei, erklärt geradezu: „Weit
ausstehende Pläne, welche, wie das letzte Verwendungsgesetz, Reichssteuern in
Höhe von 150 Millionen und mehr beanspruchen, können bei der Lage der
Dinge auf Verwirklichung nicht rechnen, vielmehr nur den Eintritt gänz-
licher Stagnation beschleunigen. Die ganze Situation im Reiche wie in
Preußen drängt vielmehr gebieterisch dazu, die Reformpläne auf das un-
bedingt Notwendige und unmittelbar Durchführbare zu beschränken. Wir
haben, ebenso wie unsere Freunde im Abgeordnetenhause, keine Gelegenheit
vorübergehen lassen, um dieser unserer Überzeugung den bündigsten Ausdruck
zu geben. Es erscheint dies angesichts der Wahlen um so dringlicher, als
nach den Erfahrungen der letzten Jahre nichts der Agitation des radikalen
Liberalismus den Boden so geebnet hat, als weitausstehende Pläne, welche
auf die Bewilligung großer, der Phantasie natürlich leicht über die Wirk-
lichkeit hinaus vorzuspiegelnder Steuerbeträge basiert sind."
17— 18. September. (Deutsches Reich.) Ausschuß- und
Delegierten-Versammlung des (schutzzöllnerischen) Zentralverbandes