Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Die österreichisch-Ungarische Monarchie. (Jan. 20—21.) 255 
Staatshaushalte“ ein. Zum Präsidenten derselben wird Graf Hohen- 
wart ernannt und von 10 Mitgliedern gehören 6 den föderalistischen 
Parteien an. Die Kommission tritt im Laufe des Jahres wieder- 
holt zusammen, ohne es jedoch bis zum Schluß desselben zu prak- 
tischen Vorschlägen zu bringen. 
20. Jan. (Ungarn.) Der Koaiser bestätigt auch die zweite 
Wahl eines serbischen Metropoliten und Patriarchen seitens des 
serbischen Kirchenkongresses nicht, sondern ernennt dazu aus eigener 
Machtvollkommenheit den Kandidaten der ungarischen Negierung, 
Bischof Angyelic, obgleich derselbe bei der Wahl im serbischen 
Kirchenkongreß beidemal mit nur wenigen Stimmen in der Minder- 
heit geblieben war. 
23. Jan. (Ssterreich.) Die Negirrung erleidet durch den 
großen Pariser Börsenkrach der sog. katholischen Bonionx-Banken, 
mit deren Hilfe und nach deren Muster sie die „Länderbank“ für 
Ssterreich gegründet hatte, einen schweren moralischen Schlag. Die 
Angriffe der Opposition auf die Länderbank (s. 23. und 30. Nov., 
3. und 14. Deg. 1881) erscheinen jetzt als wohlberechtigt. Doch 
hatte sich die Regierung infolge jener Angriffe glücklicher Weise nicht 
ohne Erfolg bemüht, die Länderbank von einer allzu engen Ver- 
bindung mit dem schwindelhaften Gebahren der Union genrale 
Vontour, zu bewahren, refp. möglichst loszulösen. 
24. Jannar. (Österreich.) Herrenhaus: Nachdem die auf 
den Antrag Lienbacher's und der kleinen klerikalen Fraktion gefaßten 
Beschlüsse des Abg.-Hauses auf Revision des Volksschulgesetzes und 
Wiederermäßigung der Schulpflicht von 8 auf 6 Jahre zweimal 
an der liberalen Mehrheit des Herrenhauses gescheitert sind, bringt 
die Regierung felbst eine Vorlage auf Revision des Reichs-Volks- 
schulgesetzes vom 14. Mai 1868 ein, das die Wiederherstellung der 
konfessionellen Schule entschieden anbahnt und die 8jährige Schul- 
pflicht, wenn auch auf einem Umwege, wieder durch die G6jährige erseht. 
Die Vorlage ist unzweifelhaft eine Konzession der Regierung an die 
Klerilalen, die zwar nur eine Fraktion des Klubs Hohenwart im Abg.-Hausc 
bilden, auf deren Unterstützung aber die Regierung Taaffe nicht verzichten 
kann, wenn sie nicht ihre bisherige Majorität im Abg.-Hause gejährden 
will. Die kleine Fraklion war nachgerade ungeduldig und widerwillig ge- 
worden und es mußte daher etwas auch für sie geschehen. Und dabei geht 
die Regierung sogar noch über die Lienbacher'schen Anträge, die nur gegen 
die Bjährige Dauer der Schulpflicht gerichtet waren, hinaus und kommt auch 
den im Abg.-Hause nicht durchgedrungenen Bestrebungen des Fürsten Liechten- 
stein auf Wiederherstellung der konfessionellen Schule entgegen. Von deutsch- 
liberaler Seite erfährt die Vorlage selbstverständlich die schärfste Kritik. „Herr
	        
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