274 Die österreichisch-Ungarische Monarchie. (März 27 —30.)
27. März. EGsterreich.) Reichsrat: genehmigt die Ein—
führung des Instituts der Postsparkassen und den Handelsvertrag
mit Serbien nebst Konsularkonvention ꝛc. Die Regierung legt ihm
einen Gesetzentwurf betr. den Bau mehrerer Zweigbahnen für Triest
und in Galizien vor.
Herrenhaus: nimmt den Gesetzentwurf betr. Erhöhung der
Petroleumsteuer auch seinerseits an: die Rechte und die ganze Mittel-
partei stimmen dafür, die Linke dagegen.
28. März. (SÖsterreich-Ungarn.) Ein kais. Schreiben be-
ruft die Delegationen neuerdings zu einer außerordentlichen Session
auf den 15. April nach Wien ein, behufs Bewilligung eines weiteren
Kredits zu Niederschlagung des Aufstandes in Süddalmatien und
der Hergegowina.
Seit dem 10. d. M. ist weiler tein entscheidender Schlag geichehen.
Es war dazu gar keine Gelegenheit. Der Aufstand in der Crivoscie i
nahezu ganz, der in der Herssgowinn auch beinahe vollständig bierbcigh
der Brand ist gelöscht, es glimmt nur noch, und an die Stelle einer organi-
ürten insurrektionellen Bewegung ist ein planloses Brigantaggio getreten.
F.-M.-L. v. Ivanovic hat zwar die Insurgenten nicht umzingeln und so zu
erdrücken vermocht — dergleichen konzentrische Operationen gelingen kaum
in der Ebene, geschweige denn in einem Gebirgsland — er hat sie aber
überall geschlagen, wo sie sich zeigten und in Kampf gelreten waren. Das
Brigantaggio kann freilich noch lange dauern. Montenegro hat zwar einen
Grenzkordon aufgestellt, aber nur zum Schein; in kleinen Haufen brechen
die Insurgenten von Montenegro forlwährend ein, wo sie eine gute Gelegen-
heit erspäht zu haben glauben, und ziehen sich dahin zurück. Österreich muß
sich das gefallen lassen und gute Miene zum bösen Spiel machen, um jede
enropäische Verwicklung zu vermeiden. Zu eigener Sicherheit aber müssen
die Truppen noch länger in diesen Gegenden belassen bleiben und sind dazu
neue Geldmittel notwendig, sowie zum Bau von Straßen und Befestig-
ungen.
30. März. Schluß einer in Wien zusammengetretenen Kon-
ferenz der vier größten central-europäischen Eisenbahnverbände, näm-
lich des deutsch--österreichischen, dentsch-ungarischen, österreichisch-unga-
risch-niederländischen und österreichisch-ungarisch-belgischen Verbandes.
In derselben stand die Regelung der Transittarife von Osterrech
Ungarn nach den Nord= und Ostseehäfen auf der Tagesordnung. Es
sich nämlich herausgestellt, daß das namenklich von der preußischen W*
durchgeführte Normaltarissystem, welches überall den Tarif nach der Kilo-
metergahl firirt und den Transit ungehener vertenert hat, seinen Zweck nicht
erreichte. Dieser bestand nämlich darin, die deutsche Produktion, namentlich
Getreideproduktion, zu schützen, indem man durch tenere Transite die fremde
Einführ erschwerte. Dieser Hauptwunsch der Agrarier wurde dadurch nicht
erreicht; denn die fremde Produktion, so namentlich die ungarische und eng-
lische umging die teueren Bahntarif= dadurch, daß sie die Wasserstraßen
anfsuchte. Den Nuhen zogen demnach in erster Linie die Elbeschifffahrt,
Donaudampfschifffahrt, Rheinschifffahrt und der Seeverkehr von Finme.